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Kunstwerk oder nur abgemalt?

Luc Tuymans, gefeierter belgischer Malerstar und 2-mailger Documenta-Teilnehmer musste sich in Antwerpen vor einem Gericht verantworten dafür dass er ein Foto abgemalt hatte. Die Originafotografie zeigt den flämischen Bundes- und Landespolitiker Jean-Marie Dedecker und wurde im Jahr 2010 von der Fotografin Katrijn Van Giel aufgenommen bei der flämischen Tageszeitung De Standaard arbeitet. Tuymans hatte die Fotografie als Ausgangspunkt für sein Gemälde A Belgian Politician genommen, was er auch vor Gericht nicht bestritten hat. 500.000 Euro soll Tuymans bezahlen, sollte er in Zukunft weitere „Kopien“ des Bildes anfertigen, oder das Bild, das sich im Besitz des US-amerkanischen Sammlers Eric Lefkofsky befindet, weiter ausstellen. Der Urteilsspruch zeigt deutlich die Problematik der Kunst in einer Welt vielfacher realer Urheberrechtsverletzungen und eines überbordenden Abmahnwesens auf. „Wie soll ein Künstler die Welt in Frage stellen, wenn er keine Bilder aus dieser Welt verwenden darf?“, äußerte sich der Anwalt Tuymans` nach dem Richterspruch. Wie viele KünstlerInnen schöpft auch Tuymans seine Vorlagen aus der Flut digitaler Bilder in der Presse und den sozialen Medien und sein Gemälde ist schon aufgrund der schieren Materialität keine Kopie des Pressefotos, sondern eine künstlerische Interpretation und Kommentar zur politischen Verfasstheit Belgiens. Anders als im Fall des Künstlers Richard Prince und des Fotografen Patrick Cariou (Prince hatte die Reproduktion eines Fotos Carious in einer Collage verwendet), die sich schließlich außergerichtlich geeinigt hatten, stellt sich im Fall Tuymans natürlich die Frage, warum die Transformation in ein anderes Medium, überhaupt das Urheberrecht der Fotografin verletzen kann. Jean-Marie Dedecker war mit der Forderung über 50.000 Euro für die Verletzung ihres Urheberrechts vor Gericht gezogen, dass der Richter in seinem Urteilsspruch nun die Summe verzehnfacht und das Bild noch dazu mit einem Ausstellungsverbot belegt, könnte weitere Klagen von FotografInnen nach sich ziehen. Nach der Street Photography, die Gefahr läuft gänzlich zu verschwinden, nachdem ein Deutsches Gericht verfügt hatte, dass praktisch jede Person im Bild ihre Zustimmung zu einer Veröffentlichung des Bildes geben müsste, ist nun auch die Malerei in die Mühlen des Urheberrechts geraten. Am 13. Febraur wird in der Albertina Wien übrigens eine Ausstellung der großartigen Künstlerin Sturtevant eröffnet, die als Vertreterin der Appropriation Art heutzutage wohl die meiste Zeit vor Gericht als im Atelier verbringen müsste.
Mehr Texte von Werner Rodlauer

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