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Dünne Luft

Weit oben auf der Karriereleiter, so heißt es immer, wird die Luft dünn. Dass das für Künstler genauso gilt, kann man derzeit in Wien an mehreren Orten sehen. Denn anscheinend geht es auch in der Kunst ab einem gewissen Level nur noch nach: oben. Und noch weiter hinauf. Denn ganz offensichtlich traut sich niemand aus dem Umfeld der Künstler mehr Kritik zu üben. Irgendwann sind sie sakrosankt. Vielleicht macht in der einen oder anderen Rezension jemand eine Bemerkung. Aber das war’s dann schon. Und so kommt es, dass man im 21er-Haus über Buchstaben schlendert, die am Boden mit Kreide aufgetragen sind. „Recht“ steht da, also tritt man das Recht mit Füßen. Peter Weibel hat viele Bücher geschrieben, viel und schnell gedacht, ist ein grandioser Interviewpartner. Und er hat viele tolle Arbeiten gemacht. Diese hier gehört nicht dazu. Denn sie ist vor allem plakativ, aber sonst? Nennen wir es einmal unterkomplex. Leider sind viele Werke in dieser Ausstellung ähnlich gestrickt, so, dass man den Eindruck gewinnt: Hier wurden Ideen schnell und unmittelbar, ohne viel Federlesens, umgesetzt. Und fertig. Die Lettern „DURCHSICHT“, auf Klarsichtfolie gedruckt. Eine Kamera, die den Besucher, die Besucherin aufnimmt und dann in einen alten Ausweis von Weibel projiziert. Einige Hocker mit Kopfhörern, die „Hörbar“. Nun ja. Sähe man diese Dinge in einer anderen Ausstellung und wüsste nicht, dass sie von einem derart renommierten Künstler sind: Was hielte man wohl davon? Diese Frage stellte sich für mich auch an manchen Stellen in der Arnulf-Rainer-Ausstellung in der Albertina: Sie wartet mit vielen tollen Arbeiten auf, außerdem wurde sie klug kuratiert. Dennoch, einige Übermalungen aus dem jüngsten Werk sind recht flach geraten. Rainer selbst erzählte unlängst, dass sich in seiner näheren Umgebung eigentlich schon lange niemand mehr mit seiner Kunst kritisch auseinandersetze. Ausschließlich Zustimmung. Schon, ab und zu hätten sich vor langer Zeit irgendwelche Fremde über seine Übermalungen generell aufgeregt, meinte er. Aber als ernsthafte Auseinandersetzung geht so was ja wohl kaum durch. Ähnlich geht es wohl vielen anderen Künstlern, die in dieser Liga spielen. Und so findet man in Superstar-Ausstellungen eben immer wieder, und manchmal gar nicht so wenige Kunstwerke, die man mit einem Schulterzucken übergehen würde, wären sie von einem No-Name.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Zu Weibel
keineAhnung | 22.11.2014 11:21 | antworten
kann ich Dir nur zustimmen, aber es ist ja bemerkenswert, dass Du versucht bist, fast ausschließlich in Österreich bekannte Künstler immerhin als Superstars zu bezeichnen. (Ja, für Weibel dann noch Karlsruhe, und Rainer war zu seiner besten Zeit glücklicherweise tatsächlich international wahrgenommen...) Rainers Ausstellung fand ich übrigens sehr gelungen, und im Gegensatz zur selbstverliebten Weibelschen Schaumschlägerei konzentriert auf die Kunst.

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