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Tamuna Sirbiladze - Damona: Tamuna und (Wiener) Dämonen

„Frauen können nicht so gut malen“, soll der deutsche Maler Georg Baselitz, der sich stets für einen Außenseiter in der Kunstwelt hält, anlässlich seines 75. Geburtstages behauptet haben. Diese phallisch-provokative Abqualifizierung lässt sich heute, wenn man insbesondere die malerischen Qualitäten ins Visier nimmt, leicht widerlegen. Auch preislich erzielen Malerinnen derzeit, wie zuletzt ein Bild von Georgia O´Keeffe bei Sotheby’s sogar achtstellige Beiräge. Also die Frauen konnten/können nicht nur gut malen, sondern sie benützen die Malerei um unterschiedliche Facetten ihrer künstlerischen Interaktion, Interpretation und Subjektivität offen auszudrücken. Waren die österreichischen Aktionisten gute Maler? Oder haben sie durch die Nähe zur Malerei einen neuen Spielraum, eine spezifisch gefärbte Ausstrahlung oder die notwendige „Energie“ gewonnen? Um diese formale und postkonzeptuelle Disparatheit geht es auch in der Malerei von Tamuna Sirbiladze in ihrer zweiten Ausstellung in der Galerie Charim. Die Künstlerin, die „den gestisch verdichteten Malduktus“ bevorzugt und auf Interpretation statt auf Erzählen Wert legt, hat einige ihrer großformatigen Bilder in ihrer diskursiven Art Hermann Nitsch oder auch Otto Mühl gewidmet - als Tribut an die Geschichte dieses Galerieraums, in dem die beiden Wiener Aktionisten ganz am Anfang ihrer Karriere ausstellten. Dabei geht es Sirbiladze in ihrer Malerei nicht so sehr um bindende Vorbilder, sondern um eine erweiterte Generierung von Bildlichkeit samt deren Inhalten. Sirbiladzes Bilder sind bloße Leinwände auf der Wand, zumeist Hochformate. Statt roten oder schwarzen Drippings wie bei Nitsch entstehen durch Striche, Streifen und Schichten von flüssigen Acrylfarben zwischen Tiefe und Fläche changierende, imaginative Formen, Figuren und Köpfe, welche Eindrücke und Erfahrungen der Malerin mit der Umwelt widerspiegeln. Man könnte sie Dämonen der Kunstwelt nennen, so wie der mehrdeutige Ausstellungstitel „Damona“ suggeriert, hätten sie nicht eigene Namen wie „Twins“, „Balloons“ oder „Art Angel“. Im zweiten Raum ziehen sich die Bilder perspektivisch in die Tiefe. Die auf Rahmen aufgespannten Formate werden zum mehrfachen Bild im Bild in zwei „Maps“ ineinander gestapelt und auf Holzstützen am Boden abgestellt. Die grafische Wirkung der vorigen Hochformate ersetzt nun ein breiter malerischer Duktus der locker und teils ornamental erfassten Formen und Muster, oftmals Blumen-und Pflanzenmotive, blaue Rauten oder ein Granatenapfel. Wer alle Bilder sehen möchte, muss den in drei oder vier Werken komprimierten „Bildordner“ auseinanderlegen und so wie eine Grafikmappe verwenden. Wenn man das tut, dann bekommt man schöne Träume und Poesie zu sehen. Im dritten Raum folgt Appropriation Art, die auf den ersten Blick wie Art Brut anmutet: Hier hängen zwei Kinderzeichnungen im monumentalen Querformat einander gegenüber an der Wand wie freischwebend. Die Künstlerin hat Motive ihrer Kinder emphatisch und präzise adaptiert und ihren Hang zur zeichenhaften Reduktion interpretiert. Damit ist sie zur eigenen Individualität des Malens wiederum auf Distanz gegangen. Zum Abschluss findet man noch eine unterhaltsame Installation „Der Ursprung der Kunst“ bestehend aus einem poppigen Blumenbild, dessen Zentrum als die Projektionsfläche für das Video „Venice, Party, Party“ dient. Dieses zeigt eine Eröffnung während der Kunstbiennale 2003 in Venedig, die Sirbiladze damals vom Balkon eines Hotels aus gefilmt hat. Man kann dabei das geschwätzige Kunstgesumme hören. Insgesamt vermittelt die Ausstellung mit ihrer bedeutungsschaffenden Bezogenheit und einem Doppelsinn für Malerei das Gefühl eines „get-together“ anstatt der Inszenierung einer Pose als Außenseiterin.
Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Tamuna Sirbiladze - Damona
21.11.2014 - 13.01.2015

Charim Galerie
1010 Wien, Dorotheergasse 12
Tel: +43 1 512 09 15, Fax: +43 1 512 09 15 50
Email: info@charimgalerie.at
http://www.charimgalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa: 11-14h


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