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Rettung unter Vorbehalt

Österreichs beliebtester Millionär machte sich vorige Woche noch ein wenig beliebter. Dass Hans Peter Haselsteiner 60 Prozent der Sammlung Essl übernahm, veranlasste Kollegen und Kolleginnen zu Jubelmeldungen. Nachdem Presse und Kurier gleichzeitig „exklusiv“ von dem „Deal“ berichtet hatten, erschien der Industrielle bis ins deutsche Nachbarland als „Retter“; in der Wiener Zeitung nannte man ihn sogar einen „weißen Ritter“. Und noch einen Star gab es in der Angelegenheit, nämlich den Anwalt, der die Verträge entworfen hatte und seine Großtat geschickt herauszustellen wusste. Wozu er ausreichend Gelegenheit bekam. Dass Haselsteiner vor allem als Bürge fungiert – um die Kunstwerke aus den Klauen der Baumax-Gläubigerbanken zu befreien, nahm die neu gegründete SE Sammlung Essl GmbH einen Kredit von über 100 Millionen Euro auf – ging irgendwie ein wenig unter. Doch ist die Sammlung Essl tatsächlich gerettet? Schon im Oktober sollen bei Christie’s 44 Kunstwerke verkauft werden; man rechnet offenbar mit einem Erlös von mindestens 50 Millionen Euro; es handelt sich also um die teuersten Objekte. Damit müssen erst einmal die Schulden bezahlt werden. Ob später weitere Arbeiten auf den Markt kommen, darüber sind die Vertragspartner offensichtlich uneins: Haselsteiner stellte es in Aussicht, Essl erklärte derartige Überlegungen für inexistent. Gut: Die Sammlung selbst ist aus der Schusslinie. Trotzdem bleibt die Frage, ob der weiße Ritter auch die restlichen Schulden übernimmt und mit welchem Geld das Museum – mitsamt seinen 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – in den kommenden Jahrzehnten betrieben werden soll. Wie hoch die alljährlichen Kosten dafür sind, ist zwar geheim – ein Betrag im niedrigen einstelligen Millionenbereich wird es aber wohl sein; und den spielen Vermietungen und Eintrittserlösen nicht herein. Zwar ist das nächste Jahr gesichert; aber was geschieht danach? Müssen dann alljährlich zehn, zwanzig gewichtige Werke verkauft, Mitarbeiter entlassen und Öffnungszeiten reduziert werden? Dem Haus bleibt zu wünschen, dass der Retter einen langen Atem besitzt.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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