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Endlich Sommer

dc open in Düsseldorf und Köln Unverhofft ist dann doch noch Sommer im Rheinland und viele Leute gehen lieber in den Biergarten als in die Galerie. Den Eindruck machten jedenfalls einige Ausstellungsräume bei den gemeinsamen Eröffnungen in Köln und Düsseldorf, die sei einigen Jahren als dc open die Herbstsaison einläuten. Andere Teilnehmer hingegen hatten regen Zulauf. Verdient hätten ihn viele. Obwohl sich bei einigen Branchenvertretern eine gewisse Müdigkeit breit zu machen scheint. Oder ist es Ratlosigkeit? Wer zum wichtigsten lokalen Termin jenseits der Art Cologne eine Accrochage an die Wände wirft und das auch noch so nennt, oder einfach Dauerbrenner wie Carl André (eine großartige Arbeit allerdings) und die Bechers aus dem Depot zerrt, sollte sich jedenfalls um seine Zulassung nächstes Jahr Sorgen machen müssen. Bei Sies und Höke in Düsseldorf gibt es erzneue Erzmalerei vom Erzmeese in Erzgroßformaten und ein Erzmanifest mit dem erzbekannten Erzgefasel. Zum Glück gibt es im gleichen Haus die erste gemeinsame Ausstellung von Rupert Pfab und Sebastian Brandl, nachdem der Kölner seinen Galerieraum geschlossen hat. Franz Burckhardt hat in einem Raum ruinöse belgische Hausfassaden in Originalgröße akribisch nachempfunden und einen weiteren mit einer Wohnzimmerwand voller schlecht gerahmter Zeichnungen mit mehr oder weniger albernen Kommentaren zu einem abgerockten Interieur verwandelt. Die Schau "The Collapse of Features" von Matthias Bitzer bei Kadel Wilborn in Düsseldorf wäre ebenso gut in einem Kunstverein vorstellbar. Der Künstler untersucht in seinen Werken die identitätsstiftende Wirkung von Raum. Der Selbstkonstituierung im Verhältnis zur physischen Umgebung hat er in Literatur und Philosophie nachgespürt und in so unterschiedliche wie präzise Skulpturen umgesetzt. Kernstück der Ausstellung ist eine Art variables Bilderregal, in dem der Betrachter/Benutzer gerahmte Zeichnungen, Collagen und Gedichtfragmente wie in einem Setzkasten arrangieren und zu neuen Sinnzusammenhängen rekombinieren kann. Der Saisonstart ist für eine ganze Reihe von Teilnehmern Anlass, ihren Neuzugängen eine Bühne zu bereiten. Gisela Capitain in Köln hat mit dem 1931 geborenen Richard Smith einen der gerade so beliebten Veteranen aufgetan. Der auf Long Island lebende Brite kombiniert auf ganz charmante Weise Pop Art mit der Strenge der Arte Povera. Ebenfalls erstmalig in den jeweiligen Galerien zu sehen sind unter anderem Egan Frantz (Nagel Draxler, Köln), José Lerma (van Horn, Düsseldorf), Marcus Neufanger (van der Grinten, Köln), Yelena Popova (Figge von Rosen, Köln) und Jan Pleitner (Natalia Hug, Köln). Dabei müssen es gar nicht mal Solopräsentationen sein, um spannende Ausstellungen auf die Beine zu stellen. Das gelungenste Beispiel zeigt Thomas Rehbein in Köln. Die Galerie hat das Feld einem Kurator überlassen, der eine Ausstellung mit dem Titel "Schwarz" zusammengestellt hat. Das klingt auf Anhieb ein bisschen platt, ist es aber nicht. Der Kurator ist Burkhard Brunn, ehemaliger Lebensgefährte und Nachlassverwalter von Charlotte Poseneske. Ihren strengen Metallobjekten stellt er Arbeiten von Kirstin Arndt, Michael Reiter und Janet Passehl gegenüber, die sich in ihrem Minimalismus gegenseitig unterbieten. Der auf Papier spezialisierte Martin Kudlek aus Köln wagt ebenfalls ein Experiment, indem er die Belgierin Stef van Bellingen zeichnerische Positionen aus den westlichen Nachbarländern in dichter Hängung präsentieren lässt. Die wenigsten sind Galeriekünstler, und nicht bei allen ist das schade. Aber das war auch nicht der Plan. Etwas untergegangen ist in dem Szeneaufgalopp eine Ausstellung, die eigentlich für Aufsehen hätte sorgen sollen. Ursprünglich sollten in der Langen Foundation in Hombroich Teile der Sammlung des Scheichs von Sharjah gezeigt werden. Deren Direktorin hatte es sich dann jedoch anders überlegt und die Schau kurzfristig abgesagt. Da waren die Kunstwerke allerdings schon unterwegs. In Köln hat man sich die Chance nicht entgehen lassen, dem Scheich – einem erklärten Köln-Fan – aus der Verlegenheit zu helfen. Alte Landkarten aus dem adligen Bestand sind jetzt im Neubau des Auktionshauses van Ham zu sehen und Zeitgenössische Kunst in der ehemaligen Fabrik von 4711. Denn improvisieren, das können die Kölner. -- Mehr Information unter. www.dc-open.de
Mehr Texte von Stefan Kobel

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