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K.U.SCH. - Eine Themenpalette: Konzeptuelle Alternativen

Plötzlich fällt auf, wie drückend und erdrückend die Paradigmen der Kunstmarktkunst wirken können, wie sehr so vieles nach Bedeutung schreit, in einer kulturell völlig verunsicherten und – neuerlich – krisenhaften Gegenwart. Angesichts dieser Retrospektive. Nein es ist eben eine »Themenpalette«. Bereits im Untertitel präzise überlegter Eigensinn. Die Künstlergruppe, das Duo K.U.SCH., repräsentierte zwar nie das sogenannte Andere, denn Renate Krätschmer und Jörg Schwarzenberger nahmen stets – und vergleichsweise früh – die produktive Auseinandersetzung mit aktuellen Strömungen ihrer Zeit auf, mit Minimal-Art, mit Land-Art, mit Ansätzen von Performance oder Intervention im öffentlichen Raum, und dennoch versuchten sie sich durch einen tatsächlich alternativen Lebensentwurf fernzuhalten vom Sog der zunehmend konsumgeilen 70s und deren in die Öffentlichkeit drängenden neuen Kunstszenen. Deshalb auch diese Leichtigkeit, mit der diese Ausstellung daher kommt; und immer wieder dieser Humor. Den Geist der Moderne, das Denken der Avant Garde zu vereinen mit einem einigermaßen autonomen Landleben auf einem Vierkanthof (in der Nähe von Melk), das ist ein wenig vergleichbar mit der Attitüde von Krautrock. Der Stadt den Rücken zu kehren, hatte für K.U.SCH. nicht irgendeine rückbezügliche Bio-Ideologie zur Folge und schon gar nicht Abgewandtheit von der zeitgenössischen Kultur. Ja, selbstverständlich, suchten K.U.SCH. so etwas wie ganzheitliche Lebensverwirklichung verbunden mit den Zyklen der Natur, aber ihre Vision des Zusammenlebens und Arbeitens ließe sich doch mehr mit Gilbert&George oder Anna und Bernhard Blume vergleichen. Selbst Krätschmers und Schwarzenbergers Interesse für archaische Masken oder Prozessionen mündete in abstrakte Übersetzungen und Formalisierungen, die wiederum unterlaufen wurden: ironisch, subversiv. Auch das kabarettistische spielte eine Rolle. Formal streng, das schließt das kynisch Subversive nicht aus. Manchmal wird das etwas zu viel. Ah, auch da ist – wieder – ein Witz drin! Nicht schon wieder Schmunzeln. Doch es ist schon etwas Besonderes, dies in einer derart an Material reichen Ausstellung zusammen zu fassen und die Dimension des Erzählerischen, mit Aktion und Intervention in der örtlichen Lebensumgebung zu verschneiden, mit dem stets präsenten Streben nach Formalisierung. Zum Beispiel an der Stelle eines zur Wandtapete vergrößerten Prozessionsfotos mit im Vordergrund – in strenger Dreiecksanordnung – platzierten Stäben, Masken und Zweigen manifestiert sich dies. Es öffnet sich eine Art subjektiver, poppiger Minimalismus. Vielleicht ist dies einer der Stränge der Herkunft der Visuals von Sohn Sito Schwarzenberger, der seit 2006 ebenfalls im Kontext von K.U.SCH. arbeitete und ausstellte. Sito Schwarzenbergers Live-Projektionen und Video-Installationen basieren auf Schrift und Logos. Sprache ist auch ein wesentliches konstituierendes Element in den Arbeiten von K.U.SCH.: als Dialogform und in den linguistischen, zeichenhaften Verknüpfungen und Abschweifungen von (nur) scheinbar Nicht-Zusammengehörigem. Von einer »skulpturalen Bildmagie« spricht Christian Reder im Katalog und bemerkt: »Erkennbar ist, dass Zeithaben und gelassenes Beobachten eine Rolle spielen.« Zeit nehmen sollte man sich auch für diese Ausstellung, um nach und nach zu sehen, wie eins mit dem anderen verknüpft ist; und Teil eines Lebensentwurfs. Schade, traurig, dass der 2013 verstorbene Jörg Schwarzenberger, diese schöne und vor allem erste Retrospektive dieses Umfangs mit großem Katalogbuch nicht mehr erleben konnte. Gerade so eine Ausstellung erinnert auch an ein wichtiges Moment der Reihe ZEIT KUNST NIEDERÖSTERREICH. Hier, in diesem Kontext, werden viele Positionen aufgearbeitet, die nicht unbedingt im Fokus der Öffentlichkeit (oder des Marktes) stehen. An einige wird erinnert, einige erhalten überhaupt erst im Rahmen dieses Formats die entsprechende Aufmerksamkeit und Anerkennung. Für K.U.SCH. lässt sich das nicht ganz so sagen. Krätschmer und Schwarzenberger hatten früh Ausstellungen in der Galerie im Griechenbeisl (1970), in der nächst St. Stephan (1972) und der Wiener Secession (1980). Was aber hervorgehoben werden muss, ist der ausführliche Katalog, der nicht nur Einzelaspekte aus dem Œuvre von K.U.SCH. wie »Masken« oder »Muster« bearbeitet, sondern eine Reihe spannend und leicht zu lesender Annäherungen an dieses, wirklich zu beachtende Werk als Lebensentwurf liefert. Gratulation dazu! -- Die ausführliche Publikation anlässlich der Ausstellung ist im Kerber Verlag erschienen mit Beiträgen von Katharina Blaas-Pratscher, Linda Christanell, Renald Deppe, Bodo Hell, Hartwig Knack, K.U.SCH., Wolfgang Mu?ller-Funk, Christian Reder, Dieter Ronte, Alexandra Schantl und Peter Zawrel
Mehr Texte von Roland Schöny

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K.U.SCH. - Eine Themenpalette
27.09.2014 - 22.02.2015

Landesgalerie für zeitgenössische Kunst
3100 St.Pölten, Kulturbezirk 5
Tel: +43-2742 90 80 90
Email: office@zeitkunstnoe.at
http://www.zeitkunstnoe.at/
Öffnungszeiten: Di – So 9 - 17 h


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