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Wermke / Leinkauf: Wider die Norm

Beim letzten Galerierundgang vor der Sommerpause präsentiert die Galerie Senn gemeinsam mit Charim Events die beiden Berliner situationistischen Künstler Mathias Wermke und Mischa Leinkauf. Die beiden Künstler, die im zweiten Drittel der 70er Jahre in Ostberlin geboren wurden, zeigen in der Schleifmühlgasse Artefakte ihrer Performances im öffentlichen Raum. So ist eine Wand aus Monitoren aufgestellt, auf der Filmbilder von Hochhäusern zu sehen sind. Ein Mensch in der Größe einer Ameise klettert Fassaden und Schornsteine hinauf. Es ist dies Mathias Wermke der seit 2005 immer wieder auf Bürogebäude und historische Gebäude steigt und von seinem Kollegen Mischa Leinkauf filmisch dabei dokumentiert wird. Neben dem gefährlichen Zug dieser Aktionen ist es den beiden ein Anliegen, normierte Wege einer Stadt zu durchbrechen oder auf historische Bezüge der Orte aufmerksam zu machen. So auch bei einem eindrücklichen Video im Charim-Raum, wo Wermke die Spree durchschwimmt. Just geht Wermke dort ins Wasser, wo die Mauer hinter dem Reichstag Berlin durchschnitt und die Spree zum Grenzfluss zwischen West- und Ostberlin wurde. Teilweise liegt den Kunstaktionen fundierte Recherche zu den bestiegenen Objekten zu Grunde. So auch bei dem „Handstand auf dem Männle, 2013“ in Heilbronn, wo Mathias Wermke eine Wette aus dem Jahr 1921 nachstellte, indem er einen Handstand auf der Spitze der Kirche machte. Damals vor fast hundert Jahren schlossen zwei Handwerksburschen eine Wette ab, ob so ein Handstand möglich wäre. Die Wette war erfolgreich und brachte dem Gewinner 18.000 Mark und 365 Flaschen Wein ein. Neben der Site Specificy ist es auch der anarchistische Zug dieser Arbeiten, der den beiden Künstlern wichtig ist. Es geht um das Besetzen von normierten und reglementierten Orten. Ob es sich dabei nun um ein Konzerngebäude handelt oder um das Montieren einer Schaukel an verschiedenen Punkten Berlins (So auch in einer U Bahn Röhre.) Beide Künstler kommen aus der Graffitiszene, die das Markieren, Unterwandern und Subjektivisieren des öffentlichen Raums noch viel stärker verinnerlicht hat. Aus diesen Erfahrungen schöpfen sie Ihr künstlerisches Potential. Ihre Arbeit ist natürlich auch eine vehemente Kapitalismuskritik, die sich gegen die zunehmende Etikettierung und Benennung (eindimensionale Nutzung) unserer Lebensbereiche und -räume wehrt. Wie konfliktreich solche Interventionen und kleinen Performances im öffentlichen Raum auch sein können, zeigt das vierminütige Video von der Fensterputzaktion in Berlin. Da wischte Mathias Wermke mit einem Putzstab unaufgefordert die Windschutzscheiben von U-Bahnen und auch die eines Polizeiautos. Die Dialoge die sich daraus ergeben sind beachtenswert. Auch das Auftreten der irritierten „Ordnungsbehörde“ ist aufschlussreich. Wermke/Leinkauf legen mit solchen fast absurden Handlungen die Ohnmacht der Mächtigen frei. Ihre interventionistischen Arbeiten bekommen damit auch einen dadaistischen Charakter. Seit ca. zehn Jahren steigen die beiden Künstler auf Fassaden oder schaukeln angesichts des Funkturms in Berlin in der Abenddämmerung. Mögen sie immer heil herunterkommen.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Wermke / Leinkauf
27.06 - 06.09.2014

Gabriele Senn Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1 a
Tel: +43 1 585 25 80
Email: office@galeriesenn.at
http://www.galeriesenn.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-17h, Sa 11-14h


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