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Diverse Maniere: Piranesi, Fantasy and Excess: Aufbruch aus der Betrachtung

Während Giovanni Battista Piranesis bahnbrechende, 1750 erschienene, Druck-Serie „Carceri d'Invenzione“ durchaus berühmt ist, ist kaum bekannt, dass Piranesi auch ein ebenso spannender wie begabter Designer war. Dass freilich kaum je etwas dieser überbordend fantastischen Entwürfe realisiert wurde, und dementsprechend auch kaum je beachtet, ist angesichts der halsbrecherisch aufwändigen Formen und der anzunehmenden absoluten Unbrauchbarkeit im Alltag nur zu verständlich. Umso beachtlicher, dass es nun im Soane's Museum in London einige dieser Objekte dank modernster 3D-Drucktechnik zu bestaunen gibt. Mit dem von Sir John Soane selbst adaptierten und völlig umgestalteten Haus-Museum, das als Gesamtkunstwerk den exzessiven Entwürfen seines italienischen Freundes durchaus Paroli bieten kann, ist auch der denkbar beste Ort für ein solches Unterfangen gewählt worden, zumal sich eben dort eine der umfangreichsten Sammlungen an Piranesi-Blättern befindet. Die Objekte der Schau gehen in dem verwinkelten und völlig mit architektonischen Artefakten überfüllten Gebäude wunderbar auf. Allerdings verlangt es einiges an Einfühlungsvermögen und Liebe zu historischen Dingen,um sich als moderner Mensch hier zurecht zu finden. Hat man dann aber einmal begonnen sich in der Betrachtung der absolut superben Objekte zu verlieren, so versteht man schnell, dass solche aus heutiger Sicht völlig nutzlosen Dinge alleine aufgrund der Formensprache und der diversesten Verzierungen eine willkommene Zerstreuung und sicher auch ein wunderbarer Gesprächsstoff gewesen sind. Die Qualität dieser speziellen Schau liegt aber in den detailreichen und sehr anschaulichen Erklärungen zu den damals neuen Techniken der Reproduktion. Diese ermöglichten erst jenen wunderbaren Aufbruch aus der Betrachtung, hin zur Neu- und Nachgestaltung und damit zu jener uns heute als Klassizismus bekannten Kunstform. So wird man nicht nur in die verschiedenen Formen des klassischen Schönheitsideals, sondern unter anderem auch in die Herstellung von Scagliola oder Stuckmarmor eingeführt. Als Highlight der Schau sei jene Kaffeekanne aus Silber erwähnt, die von Pangolin Editions nach Entwürfen Piranesis 2010 gefertigt wurde. Sie ist ein beeindruckendes Beispiel für die Antithese von „form follows function“. Auch ein erklärter Gegner des Ornaments kann sich der Faszination dieser, auf einer Schildkröte thronenden Kanne in Muschelform mit einer Biene als Ausguss nicht entziehen, schließlich funktioniert sie als eigenständige kleine Skulptur ganz hervorragend.
Mehr Texte von Wolfgang Pichler

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Diverse Maniere: Piranesi, Fantasy and Excess
07.03 - 31.05.2014

Sir John Soane's Museum
WC2A 3BP London, 13 Lincoln’s Inn Fields
Tel: + 44 20 7405 2107, Fax: + 44 20 7831 3957
Email: admin@soane.org.uk
http://www.soane.org
Öffnungszeiten: Di-Sa 10-17h


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