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Mona Vătămanu & Florin Tudor - 46°19'41''N 23°12'44''E Geamăna: Dantes Vorhölle

In einem abgedunkelten Hauptraum der Galerie präsentieren die beiden Künstler Mona Vătămanu und Florin Tudor einen Film über das rumänische Bergbaugebiet Rosia Montana, wo seit den 70er-Jahren Kupfer abgebaut wird. Auch Gold wurde hier bereits in vorrömischer Zeit gefunden. Der heutige Abbau von Kupfer erfolgt in Form einer Flutung des Gebiets, wobei sich Kupfer mit Kalk vermischt und durch Wasser geschieden wird. Betrachtet man die 8 mm und 16 mm Filmbilder der beiden Künstler, die wie Standbilder sich langsam ablösen, so bekommt man den Eindruck einer apokalyptischen Szenerie, in der Farbströme einander abwechseln. Ein braunes Sandgemisch mündet in einem roten Farbstrom. Dazwischen rinnt helles „weißes Wasser“ aus einer Pumpe. Die Filmansicht dieser trostlosen und von Menschen verlassenen Gegend vermittelt ein malerisches Bild der Zerstörung. Der langsame Fluss der Bilder wird durch eine Lesung der „Geheimen Offenbahrung nach Johannes“ und Texten von Salvador Allende unterlegt. Diese Texte sind nur rumänisch Sprechenden verständlich. Für andere Rezipienten unterstreicht dieses Nicht-Verstehen noch den verwirrenden Charakter der abgebildeten Vorhölle. Die beiden Künstler, die die Ausstellung nach den geographischen Koordinaten des Abbaugebiets benannt haben – 46°19´41´´N 23°12´44´´E - versuchen hier neben all der farblichen Schönheit den Wahnsinn dieses Abbauprojekts zu zeigen. Ursprünglich begann der Kupferabbau auf kleinem Gebiet. Die Gier nach mehr trieb die Unternehmen voran, sodass die Menschen in Valea Sesil und Geamana ihre Dörfer verlassen und umsiedeln mussten. Manchmal ragt aus dem Wasser der Rest eines Holzzauns oder einer Dachkonstruktion heraus. Die Zerstörung der Dörfer schreitet voran und das Abbaugebiet frisst sich ins Land hinein. Vătămanu und Tudor ist in einer sehr ansprechenden Art und Weise gelungen die Ambivalenz dieses Abbauprojekts zu dokumentieren und zu interpretieren. In einem hellen Raum der Galerie sind am Boden liegende Baugerüste zu finden. Sie sind mit Planen bedeckt und scheinen Erdstücke zu tragen. Auch wenn die Intention eine andere ist, denkt der Betrachter an die Freilegung von Massengräbern am Balkan (z.B. Srebrenica). Die Bauträger wirken am Boden liegend wie Tragbahren, die letzte Reste der Menschlichkeit in sich bergen. Die Künstler hatten bei der Schaffung dieser Arbeit einen Traum eines anderen Künstlers vor Augen. Wie sehr die beiden Künstler mit kollektiven Bildräumen und individuellem Erleben spielen, lässt sich auch in dem am Beginn der Ausstellung platzierten Video feststellen, in dem der rumänische Dichter Ion Grigorescu aus seinen Traumtagebüchern vorliest. Tudor und Vătămanu bedienen sich auch oft vorgefundener Materialien. Egal ob es ein Traum ist der interpretiert wird, eine industrielle Intervention in einer Landschaft, oder ein Foto. Die beiden Künstler erzählen damit eine Geschichte, die mit Erfahrungen und Ereignissen der kommunistischen und postkommunistischen Zeit spielt. Sie beweisen damit ein Gefühl für kollektive Bruchstellen und Gedächtnisorte und bringen diese auf ihre eigene Art zum Sprechen.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Mona Vătămanu & Florin Tudor - 46°19'41''N 23°12'44''E Geamăna
14.03 - 10.05.2014

Galerie Andreas Huber
1040 Wien, Schleifmühlgasse 6-8
Tel: +43-1-586 02 37, Fax: +43-1-586 02 37
Email: art@galerieandreashuber.at
http://www.galerieandreashuber.at
Öffnungszeiten: geschlossen


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