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Ungarn - Bauten der Aufbruchszeit: Schlacke für Stalinstadt

Seine Geschichte lässt sich nur schwer in wenigen Sätzen erzählen: geboren in Budapest, gegen den Willen der Familie Studium am Bauhaus, Landesverweis wegen kommunistischer Aktivitäten, CIAM Frankfurt, mit Hannes Meyer nach Moskau, dort Planung der Metro, dann Basel, dann bei Grete Schütte-Lihotzky in Paris, Kampf im spanischen Bürgerkrieg, danach mit Hilfe von Pablo Neruda nach Chile, Atelier und Professur in Santiago. Am Ende mündete Tibor Weiners nicht gerade ruhiges Leben wieder in Ungarn, wo er ab 1950 die Neustadt Sztálinváros (Stalinstadt), heute Dunaújváros, plante. Hätte er es nach seinen Sowjet-Erfahrungen besser wissen müssen? Unter massivem Druck musste Weiner seine funktionalistischen Planungen auf sozialistisch-realistisch abändern. Nach dem Ende der Stalin-Ära konnte er 1959 den ersten Plattenbau realisieren, mit Schlackenbeton und DDR-Technologie. Weiners Geschichte ist nur eine von vielen, die sich aus der aktuellen Ringturm-Ausstellung zur Architektur in Ungarn zwischen 1945 und 1960 herauslesen lassen. Mit dem Zeitraum vom Kriegsende bis zum Beginn der rationalisierten Plattenbauweise umfasst sie die drei Perioden der CIAM-geprägten Moderne, des Sozialistischen Realismus und der Rückkehr zu den Prinzipien der Charta von Athen in der Chruschtschow-Zeit. Unter den Fallbeispielen der unmittelbaren Nachkriegsjahre ist der denkmalgeschützte Busbahnhof in Budapest, unter denen der Stalinzeit neben Sztálinváros u. a. das aufwändig ausgestattete neoklassizistische Synchronisationsinstitut der Pannonia-Filmstudios, für die Wiederaufnahme der Moderne steht das an das Wiener Gänsehäufel erinnernde meteorologische Observatorium von Siófok. Dabei ziehen sich die Tendenzen bei den rund 70 Beispielen immer auch über Abgrenzungen und Phasen hinweg. Zu entdecken ist eine architektonische Kultur, die derzeit, ebenso wie die politische, weitgehend darniederliegt. Man möchte dem Land, dessen seit 1968 bestehendes Architekturmuseum letztes Jahr auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde, ein Aufwachen wünschen.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Ungarn - Bauten der Aufbruchszeit
26.03 - 02.05.2014

Architektur im Ringturm
1010 Wien, Vienna Insurance Group, Schottenring 1
Tel: +43 1 531 39-DW 1115 oder DW 1101
Email: philippe.batka@airt.at
http://www.airt.at
Öffnungszeiten: Mo - Fr 9 - 18 h


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