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28. Antiquaria: Schlagzeilen und Zensur

Wann schafft es eine Antiquariatsmesse schon einmal in die Schlagzeilen? Diese Ehre gebührt der diesjährigen Antiquaria in Ludwigsburg vom 23. bis 25. Januar, auch wenn dieser Ruhm eher zweifelhaft ist. Auslöser der Aufregung ist der Nachlass August Wilhelm Ifflands, des großen Schauspielers und Intendaten der Romantik. Das Wiener Antiquariat Inlibris, das sich seit vergangenem Jahr einen Stand mit Kotte Autographs aus Roßhaupten in der Musikhalle teilt, bietet im Messekatalog noch diese einzigartige Schriftensammlung zu einem Preis von 450.000 Euro an: "Die Geburt des deutschen Nationaltheaters: Das bislang verschollene Korrespondenzarchiv Ifflands". In der Zwischenzeit sind jedoch Zweifel an den Eigetumsrechten des Vorbesitzers aufgekommen. Berlin und Inlibris arbeiten an einer außergerichtlichen Lösung des Problems, so dass die 6.000 Schriftstücke zum 200. Todestag Ifflands im September vielleicht wieder zuhause sein können. Bemerkenswert ist die Preisspanne, die der Händler eingeplant hatte: 50.000 Euro soll er dem "Finder" bezahlt haben. Jenseits des Skandals gibt sich die Messe jedoch ebenfalls aktuell. Diesjähriges Motto ist die Zensur, eine Schwester der Überwachung. Die meisten passenden Objekte hat wohl das BMCF-Antiquariat aus Schelklingen zusammengetragen, darunter so Makabres wie ein Formularbuch mit Durchschlägen, in dem der HJ-Streifendienst seine Meldungen akribisch vermerken konnte (120 Euro) und in dem noch einige Blankobogen enthalten sind. Das Berliner Versandantiquariat manuscryptum bietet für 750 Euro eine Zahlungsanweisung von 1574 der ersten beiden südamerikanischen Großinquisitoren Serván de Cerezuela und Antonio Gutiérrez de Ulloa an. Letzterer wurde später seines Amtes enthoben, weil er Minderjährige geschwängert hatte. Nicht fehlen dürfen bei diesem Thema Publikationen zur Entarteten Kunst. Das Stader Kunst-Buch-Kabinett hat eine ganze Reihe entsprechender Kataloge zusammengetragen, darunter zwei unscheinbare aus Basel und Zürich mit Arbeiten aus der Sammlung Alfred und Thekla Hess (zusammen 980 Euro). Den mit 8.000 Euro dotierten 20. Antiquaria-Preis für Buchkultur erhält der Gestalter Klaus Detjen für seine zehn Bände "Typografische Bibliothek".
Mehr Texte von Stefan Kobel

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28. Antiquaria
23 - 25.01.2014

Musikhalle Ludwigsburg
71638 Ludwigsburg, Bahnhofstrasse 19
http://www.antiquaria-ludwigsburg.de


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