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Das Kulturland Österreich

1,6 Prozent. So hoch ist der Anteil des Abschnitts „Kunst und Kultur“ im Regierungsprogramm: zwei von 120 Seiten. Jetzt könnte man meinen: Gut, ein Land, in dem dieses Kapitel bloß kursorisch abgehandelt wird, interessiert sich eben nicht besonders dafür. Doch nein! Es soll nämlich eine „Kulturland Österreich-Strategie“ umgesetzt werden. Das schöne Kulturland Österreich muss man nämlich im Ausland richtig vermarkten, und zwar im Rahmen des Projekts „Nation Brand Austria – Competitive Identity“, so heißt es auf den zwei von 120 Seiten. Das Unterfangen wurde vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben, es kostete angeblich über 700.000 Euro. Ein Marketingexperte namens Simon Anholt (er erfand das sogenannte Nation Branding, heißt es überall) lieferte im Mai des vorigen Jahres Empfehlungen zur geeigneten Austro-PR. Eine Menge toller Ideen entsprangen dem Kreativhirn des Gurus: Man solle ein „Sound-of-Music“-Remake produzieren lassen, einen Weltmozarttag organisieren, bei englischsprachigen Schriftstellern Gedichte über die heimischen Attraktionen in Auftrag geben, Musikstudierende auf den Flughafen schicken, die, als Reinigungskräfte verkleidet, hinter dem Putzfetzen ihre Instrumente hervorzaubern, „zur Unterhaltung der Passagiere“. Eine „bessere Abstimmung zwischen Kultur und anderen Sektoren (Diplomatie, Wirtschaft, Tourismus, Export, usw.), sowohl auf strategischer als auch auf Ausführungsebene“ sei gefragt, erklärt Herr Anholt, der besonders für die Auslandskultur interessante Ansätze hat: „Mit Künstlern und Darstellern aus anderen Ländern zusammenzuarbeiten [...] birgt [...] das Risiko, die österreichische Botschaft beim Endnutzer zu verwässern. Meiner Ansicht nach sollte sich Zusammenarbeit auf die Zielgruppe und nicht auf andere kulturelle ‚Anbieter’ beziehen.“ Glücklicherweise hat er auch schon konkrete Vorstellungen davon, wie diese „Kooperationen“ zu funktionieren haben: „Kulturelle Aktivitäten sollten als verbraucherorientierte, interaktive Erlebnisse entwickelt werden, wobei Konsumenten nicht bloß die Kreativität österreichischer Künstler bewundern, sondern an einer unvergesslichen und persönlich bereichernden kulturellen Aktivität teilnehmen.“ Die Kunstschaffenden des Landes freuen sich bestimmt schon jetzt auf ihren Marketing-Einsatz für das Kulturland Österreich! Dann kann Ulrich Seidl endlich sein Sound-of-Music-Remake drehen (ich wette, er wünscht sich nichts sehnlicher als das), Elke Krystufek interaktiv und verbraucherorientiert Bilder malen, am besten vor einem Publikum aus Investorenvertretern und Tourismusverbänden, und Paul Auster, der schon zweimal in Österreich war, wird sicher was Hübsches dichten für uns. Vielleicht über die Kaiserin Sisi?
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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