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Der Brancusi Effekt - Der archivarische Impuls: Jede Skulptur ist eine Bewegung

You cannot make out of marble what you would make out of wood, or not of wood what you would make out of stone“ Brancusi Ein kleiner Raum, drei Wände aus Glas, ein Eingang. Hinter dem Glas sieht man den teilweise hektischen Verkehr am Karlsplatz. Und in der Mitte des Raumes sind temporäre Wände aufgestellt, die zusammen einen weiteren Raum im Raum bilden. Zwei Räume, die gleichzeitig einer sind. Ein Innenraum und ein Außenraum. Der eine ist nach außen offen, der andere bleibt hingegen verschlossen. Denn der Raum in der Mitte des Ausstellungsraums öffnet sich nur zu jener Wand, die nicht aus Glas ist. Die kuratorische Entscheidung, Brancusis Fotos in dem kleinen Raum zu zeigen, spiegelt die vorherrschende Rezeption von Brancusis Werk wider. Denn immer noch wird er meist nur als Bildhauer wahrgenommen. In dieser Ausstellung werden dagegen ausschließlich Filme und Fotos von ihm gezeigt. In jenem Bereich, der auch von Außen zu sehen ist, stehen dagegen Werke anderer KünstlerInnen. Wer beim Vorbeifahren Teile dieser Ausstellung sieht, wird kein Werk von Brancusi sehen, genauso wie ein Großteil der Kunstwelt nur den skulpturalen Teil seines Oeuvres hervorhebt. Die Arbeiten der anderen Künstler beziehen sich auf Brancusis Werke und bauen darauf auf. Während die künstlerische Hommage früher etwas rein Persönliches war, werden scheinbar immer mehr Werke produziert, die durch Referenzialität genauso glänzen wollen wie manche von Brancusis Skulpturen. Doch zum Glück sind solche Arbeiten hier in der Minderheit. So zeigt die Installation von Alessio delli Castelli Fotos, die Duchamp von Werken Brancusis angefertigt hat. Diese Fotos beeinflussten die Sichtweise auf Brancusis Werk derart, dass schon fast von einer Verzerrung seiner künstlerischen Intention gesprochen werden kann. Wie ein Schleier legte sich diese aufgepfropfte Rezeption auf Brancusis Werk. Castelli platzierte nun über die Fotos von Duchamp ein Tuch, das diese verdeckt. Es ist, wie wenn Duchamps Schleier durch einen weiteren Schleier verdeckt wird, damit der Erste seine Wirkung verliert. Nicht zu Unrecht werden Brancusis Fotos manchmal mit Van Goghs Briefen oder Delacroix’ Tagebuch verglichen. Auch sind es äußerst sensible, persönliche Zusammenstellungen seiner Werke, die die Essenz der jeweiligen Arbeit einfangen. Manche seiner Fotos ähneln zwar denen von Eugéne Druet, dessen Arbeit er als Assistent von Rodin kennen gelernt hat, doch baute er auf dessen Ästhetik nur auf und entwickelte sie für sich selbst weiter. Doch beim Eintreten in den kleinen Raum, in dem Brancusis Fotos an der Wand hängen, sieht man kaum etwas. Denn die Fotos sind aus konservatorischen Gründen wenig beleuchtet. So kann man deshalb manche Details der Fotos nur schwer ausmachen. Zwar spiegelt dies wiederum die Verkennung von Brancusis Fotos wider, doch wäre es wünschenswert gewesen, wenn Kopien dieser Fotos in einem hellen Bereich zu sehen wären. Die Filme dagegen werden im Rahmen dieser Ausstellung bedauerlicherweise nur als digitales Faksimile gezeigt. Trotzdem zahlt es sich aus das Screening zu besuchen. Denn wer zuerst die Ausstellung besucht hat, kann sich womöglich an ein Foto erinnern, in dem die endlose Säule zu sehen ist. Die Säule füllt das halbe Bild aus, und man sieht die Wolken über ihr. Im gezeigten Film gibt es eine Sequenz, in der die Säule aufgebaut wird. Eine Einstellung ähnelt dem beschriebenen Foto in der Ausstellung sehr. Sowohl die Stellung der Wolken, als auch der Bildausschnitt gleichen sich. Hat Brancusi vielleicht abwechselnd Film- und Fotokamera benutzt? Leider findet man keinerlei Hinweise auch solche Ähnlichkeiten in der Ausstellung. Dabei wäre eine Gegenüberstellung seiner Filme mit den Fotos sicherlich sehr interessant gewesen. So zeigt diese Ausstellung dem Wiener Publikum einen Brancusi, den es kaum kennt, doch wurden eher die Hommagen und Referenzspielereien auf das sprichwörtliche Podest gestellt als Brancusis Werke selbst. Andererseits ist die räumliche Anordnung der Werke vorbildlich, denn selten werden Werke mit solcher Finesse im Raum aufgestellt. Allein deswegen zahlt es sich aus, diese Ausstellung sowohl von außen als auch von innen zu sehen. (Der Titel der Rezension ist ein Zitat Constatntin Brancusis)
Mehr Texte von Patrick Schabus

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Der Brancusi Effekt - Der archivarische Impuls
12.06 - 21.09.2014

Kunsthalle Wien Karlsplatz
1040 Wien, Karlsplatz/Treitlstraße 2
Tel: +43 1 52189-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 11-19, Do 11-21 h


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