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Heimo Zobernig: Die Strapazen der Askese

Heimo Zobernig hat uns wieder eine Aufgabe gestellt. Er forderte bisher immer geistige Beweglichkeit in der Rezeption seines Werks, doch diesmal ist die Kurve ziemlich scharf zu nehmen. Bei Meyer Kainer stellt Zobernig eine aktuelle Serie von Gemälden aus, sämtliche 1 x 1 Quadratmeter, Acryl auf Leinwand. Gewohnt ist an dieser Zobernig–Ausstellung nur der Titel der Arbeiten „o.T.“, alles andere ist zumindest für die Wiener Szene erstaunlich. Heimo Zobernig praktiziert(e) „gewöhnlich“ in Malerei, Skulptur, Installation, Video und Performance konzeptionelle Verschiebungen, die das präsentierte Objekt und die Präsentation des Objekts mit demselben Anspruch ausstattet. Der Sockel ist das Kunstwerk, die Inszenierung der künstlerische Akt, die Ausstellung ist die Bühne ist das Kunstwerk. Zobernig treibt ein intellektuelles Spiel mit den Begrifflichkeiten von Skulptur, Malerei und Architektur, das räumlich, bildlich und schriftlich manifest wird und selbst schwer fassbar ist. Was sich in der soeben geschlossenen Zobernig–Personale im Kunsthaus Graz an einem Exempel verhalten angekündigt hat, ist nun in einem entwickelteren Stadium in Wien präsent. In die souveräne Instanz des Galerieraumes als White Cube wird nicht interveniert; farbige, vielgestaltige, gemalte Bilder sind in konventioneller Manier gehängt, sozusagen salontauglich, selbst für den biederen Geschmack geradezu provokant verträglich. Der hermetische, bisweilen überhöhte Zobernig–Nimbus ist untergraben, die Bewunderer sind verunsichert. Zumindest in der parallel laufenden Ausstellung in Stefan Bidners Büro Weltausstellung bleibt das vertraute Zobernig–Image bewahrt. Ein Zugang ist mit einer unbearbeiteten Pressspanplatte verschlossen. Es ist das Zitat einer Intervention, wie sie Stefan Bidner schon 1993 in Innsbruck präsentierte. Der archivalischen Intention von Bidners Foundation entsprechend schuf Zobernig gegenwärtig eine 13-teilige Edition: Fast durchgängig monochrome quadratische Bilder; weiße Dispersion ist mit der Rolle aufgetragen, Farbträger sind ungeschönte, schon verwendete Pressspanplatten, Relikte der ersten als Kunst–Objekte definierten Sockel in Zobernigs Oeuvre. Die Arbeiten sind präzise angeordnet und säuberlich signiert und datiert. So unvereinbar die beiden gleichzeitigen Ausstellungen scheinen, es sind zwei Pole von Malerei, temporäre Stationen von möglichen Entwicklungen. Gemeinsam sind ihnen die Referenzen an kunsthistorische Phänomene. Für die Gemälde in der Galerie Meyer Kainer war vor allem ein wiederholter Besuch einer Picasso–Ausstellung die Anregung um der Malerei die unbestrittene Potenz einzuräumen. In Bidners Büro Weltausstellung sind es strategische Reflektionen auf minimalistische und konzeptuelle Tendenzen, wie sie von Yves Klein („die Leere“), bzw. Robert Barry („During the Exhibition the Gallery will be closed“) oder der Arte Povera vorgetragen wurden. Die spartanische Ästhetik der radikalen Reduktion öffnet einen umso komplexeren Möglichkeitsraum für kritisierende oder ironisierende Sinngebung. Hier nüchterne Askese in spröder Eleganz – dort das dekorative Bild mit abstrakter Narration. Der Bogen ist ziemlich gespannt. Aber Zobernig gelingt es mit (spöttischer) Leichtigkeit sich mit beiden Symptomen zu identifizieren und sie aus einer eigenartigen heterogenen solipsistischen Position gleichermaßen zu vertreten – und scheint sein Vergnügen daran zu haben, sich der Einordnung in (s)ein Schema erneut zu entziehen und das Urteilsvermögen des Wiener Publikums zu strapazieren.

Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Heimo Zobernig
04.09 - 05.10.2013

Galerie Meyer Kainer
1010 Wien, Eschenbachgasse 9
Tel: +43 1 585 72 77, Fax: + 43 1 585727788
Email: contact@meyerkainer.com
http://www.meyerkainer.com
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Sa 11-15h

Büro Weltausstellung
1020 Wien, Praterstraße 42 / Stiege 1 / Mezzanin
Tel: +43 6764302191, Fax: –
Email: office@artfoundation.at
http://www.artfoundation.at
Öffnungszeiten: Mo-Fr 14-18 h


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