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Marianne Maderna - Humanimals: Macht-Kette und Wesenswirbel

In der beinahe kellerartigen Dunkelheit, die den Innenraum der Dominikanerkirche in Krems wie ein riesiger Samtvorhang umschließt, zieht es die Betrachter, ein wenig unentschieden und wie mit unsichtbaren Drähten gesteuert, zwischen den zwei Gegenpolen der aktuellen Ausstellung von Marianne Maderna, „Humanimals“. Regelrecht magisch ist die Anziehungskraft des kühlen Blau- Lichts, in dem die majestätische, aus achttausend mit UV-Licht bestrahlten Figuren bestehende Installation strahlt, die sich in der Apsis der Kirche gemütlich eingenistet hat. Hier schuf Marianne Maderna ihr eigenes Pantheon aus Piktogramm-artigen, in der Luft schwebenden Aluminiumgöttern und ihren Untertanen, die in der gegenüber liegenden 3D-Animation zum Leben erweckt werden. Jedes der Geschöpfe hat einen eigenen Platz in der Hierarchie angenommen, die die Künstlerin als „Devolution“ bezeichnet. Teils kopflose, teils phallusköpfige Wesen mit zwei ähnlichen Kopfformationen hängen ganz oben, sie herrschen, bedrohen, sie vergewaltigen und machen die anderen, die in sich zusammensinkenden Machtlosen, nach und nach zu Mischwesen, bis sie am Ende zu einer flüssigen, Amöben-ähnlichen Urform mutieren und schließlich verschwinden. Marianne Maderna lässt die Besucher in der 40-minutigen 3D-Arbeit „Humanimals“, die in Kooperation mit Ars Electronica Solutions und anhand tausender von Zeichnungen entstand, förmlich auf der Haut spüren. Es ist ihr scharfsinniges „Theatro liguidita“, in dem Klang, kühles Licht, Geschriebenes, Performtes und Ausgesprochenes zusammenschmelzen. Die Künstlerin hat eigene Kürzel für Hierarchien, Ordnungen und Wertesysteme geformt. Die männlichen „Big rulers“, leicht zurück geneigt, die Hände in den Hosentaschen, zeigen deutlich, wer das Sagen in der Macht-Kette hat. Eine Frauen-Figur, die „Boxerin“, die Maderna auch Inventress of Wheel Act nennt, widersetzt sich den männlichen Machtstrukturen sowohl in der Installation als auch in der 3D-Animation. Sie boxt sich durch den Wesenswirbel mit hexenähnlichem Lachen und stellt das System der „großen Fische, die die kleinen fressen“, auf den Kopf. Ausgerechnet an einem Ort, wo die Kremser Dominikaner 140 Menschen in Hexenprozessen zum Tode verurteilt und bei lebendigem Leib verbrannt hatten. Bei blauem Licht, das lange als dämonisch bezeichnet wurde. Wo kann man sich besser dem Patriarchalen widersetzen als in einer Kirche?
Marianne Maderna - Humanimals
09.06 - 13.10.2013

Landesgalerie für zeitgenössische Kunst
3500 Krems, Dominikanerkirche Krems, Körnermarkt 14
Tel: +43 2742 90 80 90
Email: office@zeitkunstnoe.at
http://www.zeitkunstnoe.at/


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