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Matthias Herrmann - 270 West 17th Street #20c NY NY 10011: Denkmal zu Lebzeiten

Es sei merkwürdig, meinte unlängst jemand, dass wir Kleinkinder des beginnenden 21. Jahrhunderts immer für ihre – vermeintliche – technologische Kompetenz bewundern. Schließlich wüchsen diese ja auf mit iPad und iPhone – was Wunder, dass Dreijährige über den Fernseher wischen anstatt einen Knopf zu suchen. Ein Telefon mit Wählscheibe erscheint einem Kind Jahrgang 2010 dagegen bereits völlig exotisch. Ebenso verhält es sich wohl mit Fotoapparaten. Dunkelkammer? Filme? Entwickler? Farbfilter? Derlei wird unseren Kindern einst wohl völlig fremd sein. Zusehends wird die analoge Fotografie durch die digitale ersetzt – große Produzenten mussten schon zusperren oder Geschäftszweige einstellen. In seinen jüngsten Still-lifes setzt Matthias Herrmann einer verschwindenden Technologie ein Denkmal zu Lebzeiten: Wie in der klassischen Produktfotografie inszeniert er Tools der analogen Fotografie – auf einem Leuchttisch positioniert, wirken sie der Realität enthoben, als wären sie in einer anderen Sphäre. Polaroidpapier, Fotoschachteln, eine Betriebsanleitung für seinen – gebraucht gekauften – Apparat, ein Objektiv werden zu nahezu skulpturalen, ihrem Funktionszusammenhang entrissenen Objekten. Besonders schön und sinnträchtig erscheinen dabei jene Farbfilter, die (wie eine nicht ganz so witzige One-Minute-Sculpture) ohne jegliche Fixierung nur für wenige Sekunden auf der Oberfläche balancieren. „Vom Verschwinden der Dinge in der Fotografie“ hieß eine Ausstellung im Museum Moderner Kunst, auf die Herrmann sich bezieht; heute könne man eher von einem „Verschwinden der Fotografie in der Fotografie“ sprechen, meint Herrmann. So bedeutungsschwer diese Ikonen erscheinen, so beiläufig gestalten sich jene Fotografien, die Herrmann in den vergangenen Monaten bei einem Aufenthalt in New York aufnahm: goldene Pumps, Billigparfums in einer Auslage, Büsten im Museum, ein gelbes Meer aus Schulbussen – oder, in größeren Formaten: ein Haus mit vernagelten Fenstern, ein Teich mit Goldfischen. Trotz ihrer vordergründigen Banalität durchzieht auch diese Arbeiten eine gewisse Melancholie, auch sie scheinen eine untergehende Welt festhalten zu wollen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Matthias Herrmann - 270 West 17th Street #20c NY NY 10011
14.11 - 20.12.2012

Galerie Steinek
1010 Wien, Eschenbachgasse 4
Tel: +431/512 87 59, Fax: +431/512 87 59
Email: galerie@steinek.at
http://www.galerie.steinek.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 13-18h
Sa: 11-15h


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