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Frieze Art Fair 2012: Mehr Blättern als Cutten

Etwas überspitzt ließe sich sagen, die Frieze Art Fair verkommt zur Art Basel des Cutting Edge. Das wäre zwar nur ein Teil der Wahrheit, gehört aber eben doch dazu. So unspannend wie aktuell ist der Londonder Zeltzirkus zwar nicht zum ersten Mal, doch dass die eigene Tochter ihr den Schneid abkauft, ist fast schon tragisch. Dabei ist das Problem natürlich hausgemacht und in Wirklichkeit auch gar keines - zumindest nicht für die Macher. Denn eine Entdeckermesse für junge - und preiswerte - Talente war die Frieze nie. Frieze, das sind die Großgalerien Gagosian, Hauser & Wirth, Pace, White Cube, Michael Werner etc. pp. mit ihrer hochpreisigen Markenware, die selten enttäuscht, aber auch nur selten überrascht. Ein Hingucker ist es höchstens Mal, wenn Thaddäus Ropac eine historische Position einschmuggelt, wie eine Tafel von Joseph Beuys, mit der gleich auf die große Eröffnung des riesigen zweiten Galerieraums in Paris in der Folgewoche hingewiesen wird. Lange konnte man das gute Stück allerdings nicht bewundern. Bei einem Preis von 780.000 Euro war das Werk schon am Premierenabend verkauft und abgebaut. Mit der Überraschung ist das auch so eine Sache, denn das heißt Risiko, und das geht man nur ungern ein. Ein deutscher Galerist mit einem der größeren Stände rechnet vor, dass so ein Auftritt in London schon mal ganz schnell einen sechsstelligen Betrag kostet. Mit Emerging Artists ist in der Größenordnung beim besten Willen kein Geld zu verdienen. So sind Arbeiten wie die humorvoll weitergedachten Arte Povera-Skulpturen der 32-jährigen Nina Canell bei Konrad Fischer ab 8.000 Euro eine Ausnahme. Casey Kaplan aus New York ist einer der wenigen Radikalen: Er leistet sich eine Einzelpräsentation mit Arbeiten Geoffrey Farmer, zu haben ab 8.000 Dollar. Mit Blick auf die Gemischtwarenläden vieler Kollegen meint er: Ich habe da einen etwas anderen Zugang. Ich komme zum driten Mal mit einer Soloshow. Das hat allerdings nichts mit Subversion zu tun. Es ist zwar immer ein Risiko, aber ich bin bisher gut damit gefahren. Dass mit der Frieze in letzter Zeit nicht alle gut gefahren sind, zeigt ein Blick auf die Teilnehmerliste. Im großen und ganzen sind das zwar immer wieder die gleichen Namen. Neu sind vor allem - wie mittlerweile üblich - Vertreter der Emerging Markets. Zum Beispiel sind da aus der Türkei Rampa und Non, die gerade überall auf Kunstmessen herumgereicht werden. Die chinesische Präsenz beschränkt sich erstaunlicherweise weitgehend aufs Beiprogramm und den Gag-Stand, den sich die Messe alljährlich leistet, und wo es für den Besucher etwa zum Mitnehmen gibt, diesmal Milch, Saft und Kuchen. Vielsagender ist jedoch, wer fehlt. Und das sind etwa Isabella Bortolozzi und Johann König aus Berlin, China Art Objects aus Los Angeles, Marian Goodman aus New York und Xavier Hufkens aus Brüssel. Dass der Lack irgendwie abblättert, dürften die Macher als Erste gemerkt haben. Mit der Frieze Masters haben sie also die Flucht nach vorn angetreten. Ziel scheint nichts Geringeres zu sein als die Weltherrschaft. Mit den beiden Messen, den Auktionen und dem ohnehin starken Handel im Rücken, ist London attraktiv genug, um den anderen meist weniger glamourösen Standorten die Schau zu stehlen. Langfristig muss Frieze auch gar nicht zwingend das Zugpferd der Marke Frieze bleiben - Frieze Masters täte es ja auch.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Frieze Art Fair 2012
11 - 14.10.2012

Frieze Art Fair
NW1 4RY London, Regent`s Park
Tel: + 44 (0)20 7025 3970, Fax: +44 (0)20 7025 3971
Email: info@friezeartfair.com
http://www.friezeartfair.com


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