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Grita Insam 1939-2012

Es war die Vermittlung, die zu ihrer zentralen Lebensaufgabe wurde. Zu Beginn ihrer Laufbahn in der klassischen Werbung. 1970, über die Betreuung eines Kulturevents für einen Kunden fing sie Feuer für die Kunst, die sie nicht mehr los lassen sollte.

1971 in der „Modern Art Galerie“ in der Wipplinger Straße, ab 1977 dann in der „Galerie Grita Insam“ in der Köllnerhofgasse und schließlich ab 2005 an der Hülben, alle im ersten Wiener Gemeindebezirk, setzte Grita Insam bis zum Schluss neue Maßstäbe durch die konsequente Hinterfragung und Erweiterung des „Betriebssystems Galerie“. Sie war eine Vermittlerin der Kunst, lange bevor sich die ersten Vermittlungsprogramme konstituierten, so wie wir sie heute von den Museen kennen und Grita Insam erfand für sich einen Typus von Galerie der von Beginn an zwischen Verkaufsraum und Kunsthalle, zwischen (notwendigem) Kommerz und Agent (Provocateur) für die KünstlerInnen changierte.

Als Werbefachfrau hatte sie wenig Berührungsängste zur Wirtschaft, bestand aber immer auf der Autonomie der Kunst und wehrte alle Versuche der Vereinahmung vehement ab. Sie schaffte es, in Kooperationen wie z.B. mit der Schuhfirma Humanic (mit legendären Werbespots u.a. von Richard Kriesche und Roland Geoschl) anderen Kulturinstitutionen und Großveranstaltungen wie der Staatsoper, dem Steirischen Herbst, der Ars Electronica oder dem ORF stets, die Intention der KünstlerInnen vor einen eventuellen Werbenutzen oder institutionelle Zwänge zu stellen und hat so ein weites Feld der Vermittlung geöffnet, das vor allem in den 70er und 80er Jahren die österreichische Kunstszene nachhaltig prägte.

Projekte im öffentlichen Raum mit Unternehmen genauso wie mit der Gemeinde Wien, kleine aber feine Performance- und Musikfestivals in der eigenen Galerie und Kooperationen mit Unterhaltungsstätten wie der Disco U4 gehörten genau so zu ihrem Arbeitsprogramm als Galeristin wie die Teilnahme an zahllosen internationalen Kunstmessen von Basel über Köln bis Toronto oder Guadalajara in Mexiko. Der Kompromiss kam in ihrem Einsatz für die Kunst nicht in Frage und wer jemals ihre durchaus als Belehrung gedachten Ausführungen über KünstlerInnen und Kunstwerke in einem persönlichen Gespräch erlebt hat, war hinterher zwar oft erschöpft, aber immer um essentielle Erkenntnisse bereichert.

Gleichzeitig wusste sie das kritische Potential der Kunst stets auch zu nutzen, um die eigene Institution Galerie zu hinterfragen und zu erweitern. Oft genug hat die Kunst dabei die Führung übernommen und den unternehmerischen Teil der Galerie herausgefordert. So wurde Grita Insam auch zu einer der ArchitektInnen der oft umstrittenen Galerienförderung, die aber ebenfalls die Basis für die heutige Stärke der Wiener Kunstszene geschaffen hat – und auf ihre Art ebenso visionär war, wenn man die heutige Förderpraxis in der Kreativwirtschaft betrachtet.

Die Visionen, das Feld der Vermittlung beständig zu erweitern, haben ihre Galerie nie zu einer satten und behäbigen Institution werden lassen, die nur noch die Früchte der über die Jahre entwickelten Künstlerkarrieren erntet. Bis zur Schließung der Galerie aus gesundheitlichen Gründen zu Jahresende 2011 hat Grita Insam an Projekten mit und für KünstlerInnen gearbeitet.

Eröffnet hat sie ihren dritten Galeriestandort an der Hülben mit Art & Language, geschlossen hat sie ihre Galerie ebenfalls mit dem Künstlerkollektiv, das stets die Formen des Ausstellens, des Zeigens und Präsentierens von Kunst generell analysiert, hinterfragt oder gelegentlich sogar ironisch auf den Kopf gestellt haben. Die Lust, mit der Grita Insam diese Positionen in ihre Arbeit als Galeristin einbezogen hat, bleibt als beständige Aufforderung zur Erneuerung der Institution Galerie über ihren Tod heute Nacht bestehen.

Mehr Texte von Werner Rodlauer

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