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My Private Passion – Sammlung Hubert Looser: Roter Faden von beachtlichem Willen

Seit etwa 50 Jahren sammelt nun der Schweizer Geschäftsmann Hubert Looser. Es begann mit Schweizer Künstlern wie Kurt Seligmann, Serge Brignoni oder André Thomkins. Sein Interesse an diesen surrealistischen Tendenzen verlagerte sich in der Folge auf abstrakten Expressionismus und Arte Povera. Es geht Looser um den „erweiterten Erfahrungsbereich“, den er in der Auseinandersetzung mit seiner Sammlung wahrnimmt und den er in stetigem Wechsel der Aufstellung in immer wieder erneuertem Kontext in Bewegung hält und schillern lässt. Das Bestreben, die einzelnen Werke in dialogische Beziehungen zu stellen, zeigt sich auch in der Präsentation im Bank Austria Kunstforum. Gut gewählt ist die Platzierung einer Bronze Lucio Fontanas, „Concetto Spaziale, Natura Nr.7“, neben dem „Weißen Schrei“ Günther Ueckers. Ueckers expansive Konzentration der eingeschlagenen Nägel auf der Tafel kontrastiert zum einen mit dem vehement aufgerissenen Volumen der kloßähnlichen Bronzeskulptur Fontanas, zum anderen tragen beide Werke in der Art wie in sie brachial eingedrungen worden ist, eine erregte Verletztheit vor, was sie sinnlich miteinander verbindet. Gegenüber hängt in farblichem Einklang das „weiße Vlies“ von Anselm Kiefer, mit betontem Verweis auf die mythologische Tiefe seiner Darstellung und verwendeten Materialien – eine angestrengte Beweisführung, welche Uecker und Fontana nicht bemühen, ja für beide umso mehr obsolet ist, da sich in ihrer puristischen, nicht didaktischen Werkästhetik ein unvergleichlich erweiterter Imaginationsraum öffnen kann. Ein solcher scheint sich auch in Giacomettis „Annette assise“ in transformierter Physis zu verdichten. Mit vergeistigtem Blick, der ins Nichts, das zugleich Alles ist, gerichtet ist, stellt sie einen energetischen Widerstand gegen die Leere ihres Umraums dar – direkt neben Kiefers inhaltsschwerem Gemälde. Fein abgestimmt ist die Zusammenstellung im Nebenraum: Richard Serras „Finkle-forge“ ist eine bemerkenswerte schwarze Ölkreide-auf-Papier-Arbeit von körperlicher Präsenz, wenn auch in ihrer Intensität mit anderen Exempeln aus seinem Oeuvre überbietbar. Robert Ryman liefert mit „Manager“, weiße Ölfarbe auf Rostschutzmittelgrund auf Leinwand, eine pure Bilderfahrung per se, die sich jeder weiter führenden Interpretation entzieht und Ellsworth Kellys „White Triangle with Black“ ist was es ist. Anders dann im Hauptraum des Bank Austria Kunstforums: Deutlich zeigt sich das Faible Hubert Loosers für Willem de Kooning; als der Sammler „die Chance und den Willen“ verspürte, erwarb er eine stattliche Anzahl aktueller Werke an Gemälden wie an Bronzeskulpturen. De Koonings Bestreben, die intellektuelle Entscheidung im intuitiven künstlerischen Prozess zugunsten einer rein gestischen Expression zu eliminieren, indem er plastische wie malerische Werke blind ausführte, resultierte (zumindest in den hier präsentierten Exponaten) nicht immer in einem überzeugenden Ergebnis. Sein prinzipielles Hinterfragen des „Künstlerischen Akts“ erweist sich letztlich wieder nur als rein intellektuelles Unterfangen und das mehr spekulativ als effektiv. Die mitunter sehr dynamische Malerei dieses experimentellen Verfahrens kontrastiert in der Ausstellung mit der Schönlinigkeit von bewusst gesteuerten Gemälden de Koonings; allerdings mehr als Manierismus seiner selbst, was auch wieder kein Kriterium für die Bewahrheitung einer der beiden erprobten Methode sein kann. Dafür ist die Gegenüberstellung mit den gequetschten Autowrack-Skulpturen von John Chamberlain in der formalen Korrespondenz durchaus ansprechend. Im anderen Raum setzt Pablo Picassos „Sylvette“, ein Porträt in Pinselzeichnung auf aufgeschnittenem Blech, ein dynamisches Moment in den lyrischen Dialog zwischen den von Andy Warhol und Henri Matisse auf Papier gezeichneten Köpfen. Dass die Zusammenschau von Werken ein und desselben Künstlers nicht unbedingt eine spannende Situation garantiert, zeigt der Cy Twombly-Raum. Vielleicht liegt dies aber auch an dem Zeitpunkt des Erwerbs, als die wirklich faszinierenden Gemälde Twomblys kaum mehr zu haben oder zu bezahlen waren. Man kann nicht immer um den Eindruck umhin, dass zum Teil auf „Nummer sicher“ angekauft worden ist, etablierte Namen ein Risiko von schlechtem Investment ausschließen sollten. Der Gedanke, dass das eine oder andere Mal die Entscheidung weniger durch intuitive Leidenschaft als aufgrund (markt)erfahrener Beratung getroffen worden ist, schleicht sich hin und wieder ein. Doch wer soll einem Schweizer Unternehmer solche Überlegungen übel nehmen? Und vor allem: beachtlich ist Hubert Loosers Kollektion allemal, persönliche Vorlieben sind als roter Faden sichtbar und das gibt der Sammlung ihre Individualität und Homogenität.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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My Private Passion – Sammlung Hubert Looser
26.04 - 15.07.2012

Bank Austria Kunstforum
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Tel: +43 1 537 33 26, Fax:
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Fr 10.00 - 21.00 h


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