Werbung
,

Valie Export - Archiv: Viel mehr als eine 68er „Schockerin“

Das Kunsthaus Bregenz hat es mit der Fokussierung auf das Archiv von VALIE EXPORT geschafft, in enzyklopädischer Weise einen Blick auf ihr Werk zu zeigen, der nichts weniger als eine Neuentdeckung der Künstlerin ermöglicht. Der Beweis dass ihre jüngsten Arbeiten von gleicher Relevanz sind wie die frühen Aktionen, die mittlerweile zu Ikonen der Kunstgeschichte avancierten sind, steht allerdings noch aus. Insgesamt 800 Objekte des Archivs sind im ersten Stock in Vitrinen auf Holzblöcken zu studieren. Weniger bekannte Arbeiten aus dem Bereich der konzeptionellen Fotografie finden sich hier genauso, wie die Vorstufen zu jenen drei Aktionen, die sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt haben: Dokumente zum „Tapp- und Tastkino“ und auch Bilder jener, im Schritt ausgeschnittenen Jeans sind zu sehen, die die Künstlerin ihre Scham entblößend, mit einem Maschinengewehr in der Hand trug. Während im ersten Stock viel historisches Material, das teilweise überhaupt das erste Mal öffentlich zu sehen ist, übersichtlich zu eingehendem Studium angeordnet ist, kommen im zweiten Stock die bekannten „Endprodukte“ zur Ansicht. So folgt auf die Fotos- und Vorstudien zum Tapp- und Tastkinos im ersten, im zweiten Stock das tatsächliche Tapp- und Tastkino in einem von der Künstlerin autorisierten Nachbau. Im „Filmwald“ des Dritten Stockwerkes sind in einem ausgeklügelten Gesamtkunstwerk gleichzeitig 30 VALIE EXPORT-Filme zu sehen. Dabei finden sich auch alle möglichen filmischen Projektionstechniken seit den 60er Jahren, von „Super 8“ über „16mm-Streifen“ und DVD bis hin zu Monitoren. Das Kunsthaus Bregenz bietet in dieser Ausstellung die Möglichkeit, längst festgelegte Vorurteile zum vierzigjährigen Schaffen von VALIE EXPORT zu hinterfragen. Es gilt eine avantgardistische Filmerin, eine konzeptuelle Fotografin und eine akribische Sammlerin von hochinteressanten Zeitdokumenten zu entdecken, die viel mehr ist als eine Schockerin des Milieukatholizismus der 60er Jahre. Der schmerzhaft präzise Blick der feministischen Künstlerin zeigt Mechanismen von Macht und Ohnmacht der Gesellschaft, die mitunter aus Sentimentalität und Hass in offen sadomasochistische Verhältnisse umschlagen. Die Revolutionen der 60er Jahre sieht VALIE EXPORT in der „Occupy Wallstreet“ Bewegung wieder aufleben. Ihre jüngsten Arbeiten erhellen zwar die epochemachenden Aktionen der 60er Jahre sind aber wahrscheinlich nicht so bedeutsam wie diese. Export hat allerdings ein nicht untypisches österreichisches Schicksal, während sie in Österreich erst durch die Ausstellungen im Lentos Museum bzw. Belvedere und jetzt durch die Schau im Kunsthaus Bregenz entsprechend gewürdigt wurde, war sie über Jahrzehnte, ein buchstäblich herausragender Kunst-Export ins Ausland. Neben vielen Ausstellungen sind ihre Arbeiten ganz selbstverständlich in ganz wichtigen Sammlungen wie der „Tate Modern“ in London, dem Centre Pompidou in Paris oder im Moca in Los Angeles vertreten. Österreich hat sich ganz einfach nicht gekümmert.
Mehr Texte von Wolfgang Ölz

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Valie Export - Archiv
29.10.2011 - 22.01.2012

Kunsthaus Bregenz
6900 Bregenz, Karl Tizian Platz
Tel: +43 5574 48 594-0, Fax: +43 5574 48 594-8
Email: kub@kunsthaus-bregenz.at
http://www.kunsthaus-bregenz.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: