Werbung
,

Weite und Vielfalt...

... ließen sich in aller Breite und Länge erfahren in diesem Kunstherbst in Berlin. Und mancher Berliner oder Besucher vermisste wohl den langen Weg in den alten Westen, zum Messekomplex unter dem Funkturm. Das 'Art Forum' fiel dieses Mal aus und ob es wiederkehrt, bleibt fraglich. Im Vergleich zu dieser Anfahrt waren diesmal die Wege kürzer und das Ergebnis wohl meistens überzeugend. Der Besucher und Beobachter in diesem Fall hat sich als Ordnungsprinzip die jeweilige Vernissage und ihr Datum ausgesucht. Freundlicherweise bot die Messe 'Preview Berlin' auf ihren Seiten im Internet einen gelungenen Kalender an, der die Ereignisse in chronologischer Ordnung bereit hielt. An erster Stelle stand dabei der sogenannte 'Berliner Kunstsalon' mit der Vernissage am 06. September ab 17 Uhr auf 2500 qm, die dann auch so sinnvoll bespielt wurden, daß es für jeden Besucher etwas zu sehen gab. Daß man sich dabei auf historische Vor-Bilder bezieht, wird einem nahe gelegt, wenn man die Internetpräsenz des Unternehmens betrachtet. Dort ist zu lesen: "Der BERLINER KUNSTSALON wurde, mit Verweis auf die gleichnamige Veranstaltung Paul Cassirers aus dem Jahr 1898, im Herbst des Jahres 2004 als erste teils avantgardistische, teils experimentelle Alternative zum damals noch existierenden ART FORUM BERLIN gegründet." Das ist ein Anspruch, der weitgehend eingelöst wird, bis zum heutigen Tage. Da gibt es Fehltritte aber auch Glücksgriffe. „Der Berliner Kunstsalon (…) ist ein Ort der Begegnung, weil hier das Publikum strömt und die Künstler selbst im Mittelpunkt stehen.“ wird der hiesige Autor zitiert. Das galt damals, 2009, und gilt ebenso heute. Die offene Form läßt alles zu, die Missgriffe wie Meisterstücke. Und schon geht es weiter zum Zentralstern des Kunstmessenherbst dieses Jahres, der Messe mit dem einprägsamen Logo 'ABC'. Man schrieb das Jahr 2008, als einige Galeristen mit Avantgarde-Anspruch sich daran machten, eine eigene Spielfläche zu institutionalisieren, mit Aplomb. Das zeitigte einen derartigen Erfolg, daß das Konkurrenzunternehmen der Messe Berlin unter dem Namen 'Artforum Berlin' dieses Jahr die Segel strich. Die konkreten Gründe sind nie genau benannt worden, aber am Ende passte das eine Ende nicht zusammen mit dem anderen Ende. Im Juni dieses Jahres sagte die Messegesellschaft ab. Es war die Kulturbombe des Jahres. Und der diensthabende Kultursenator Klaus Wowereit oder sein Staatssekretär André Schmitz waren nicht bereit, sich der Sache im passenden Moment anzunehmen. Die Nachwirkungen des Ereignisses ließen sich noch auf der diesjährigen Messe erleben, bei der Pressekonferenz. Auf die Frage nach der Messegesellschaft wurde die fragende Journalistin von dem Galeristen Tim Neuger kalt abgefertigt. Ist das nun das schlechte Gewissen oder die Arroganz der Mächtigen? Schon geistern Gerüchte herum, daß eine derartige Veranstaltung wie die abc durchaus mit rechtlichen Mitteln an einer Fortsetzung gehindert werden kann. Dass man heutzutage nicht mehr Messe sieht, wenn man Messe erwartet, bewies auch diese Version von Kunstmesse. Die Zahlen mögen auf den ersten Blick überzeugen: 125 Galerien mit 130 Künstlern. Das Thema wurde frühzeitig verkündet und ist dennoch ein alter Hut: Über Malerei/about painting. Das Konzept dazu hat Rita Kersting entwickelt in Zusammenarbeit mit Marc Glöde, Filmwissenschaftler und Kurator der abc 10. Auch bei einem überzeugenden Konzept, wurde es vor Ort zuweilen dann doch sehr eng, weil die Räume für eine museale Präsentation nicht geeignet sind. Und wenn man dann als Besucher noch nach dem Titel und dem Künstlernamen suchen muß, stellt sich das Konzept von selbst ins Abseits. Draußen auf der Straße vor dem so zu benennenden Messebereich werben Großplakate für die Veranstaltung, unter anderem mit dem Satz: "Berlin's Museum of Art', Und gleich nebenan wird verwiesen auf das kommende 'Gallery Weekend' im kommenden April. Die Schickeria zeigte sich dennoch in Massen und wer zum falschen Zeitpunkt als Pressemann vor Ort erschien, dem wurde der Zugang verwehrt mit den Worten: 'Presse unerwünscht’. Das kann man auch anders ausdrücken. Vom ABC zur Berliner Liste ist es ein fast ein kleiner Gang, erinnert man sich dabei an die Anfahrt in den tiefen Westen zu den Messehallen des Art Forums. Das bot allerdings die Chance das Gesehene und das Erlebte in Einklang zu bringen und ein vorläufiges Resümee zu ziehen. Aber in diesem Falle steht man schon vor dem Eingang des 'Trafo' in der Köpenicker Straße und damit dem Eingang zur 'Berliner Liste'. Die Begegnung mit dieser Liste ist eher deprimierend, vielleicht auch weil der Ort , ehemals Heizkraftwerk für Berlin, selbst durchaus imponierend ist mit den 7000qm Fläche. Das hilft der Kunst, die dort gezeigt wird, allerdings herzlich wenig. Das Gemisch von Galerie und Selbstpräsentation von Künstlern und Künstlerinnen tut beidem nicht gut. Allenfalls im obersten Stockwerk findet sich mit einigen ausländischen Galerien etwas Professionalität. Das rettet die Veranstaltung allerdings nicht. Am Ende steht der Gewinner dieses Kunstherbst fest. Es ist die Messe Preview Berlin, die was Ausstrahlung und Professionalität angeht, die schon genannten Veranstaltungen überflügelt. Das mag auch durchaus an der location (neudeutsch für Ort) liegen, etwas abtseitig vom Zentrum und dennoch beste Bedingungen bietet: Der Hangar 2 des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Wer im übrigen die Souveränität besitzt auf seinen eigenen Seiten im Internet auf die gleichzeitig stattfindenden Konkurrenzmessen hinzuweisen, erhält schon mal zwei Sterne. Wer darüber hinaus die Funktion der Messe nicht neu definieren will, sondern das passende Raumangebot mit dem Ambiente in Einklang bringt, der erringt zwei weitere Sterne. Da stellt sich Souveränität wie von selbst ein: Weite und Vielfalt, (ohne die Brigade Ludwig, siehe Hans Haacke) und Tiefe. So enden wir hier mit ein paar Namen: Tina Born bei Laura Mars Grp, Andreas Koch bei loop - raum für Kunst mit dem Leiter Rüdiger Lange. Zusammen mit den Galeristen Kristian Jarmuscheck und Ralf Schmitt ist er verantwortlich für die Messe. Oder die Zeichnungen von Simon Halfmeyer bei Robert Drees oder die Ölmalerei mit digitaler Verfälschung von Peter Buechler bei Morgen Contemporary. Nein, heute, zeitgenössisch.
Mehr Texte von Thomas Wulffen †

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: