Olga Kronsteiner,
Historisches Preisniveau
Zwischenbilanz für den Kunstmarkt in Österreich und Deutschland: Stabile Performance bringt leichte Zuwächse.
Beschaulich, dieser Terminus beschreibt recht treffend die nach den ersten sechs Monaten des aktuellen Geschäftsjahres herrschende Stimmungslage des heimischen Marktes. Kunsthändler und Galeristen wirken weitgehend zufrieden, gewähren naturgemäß aber auch nur einen eingeschränkten Blick in ihre Karten. Das trendige Messe-Mantra der „besten Vernissage jemals“ ist ja längst entlarvt, gilt wahlweise gemessen am Interesse des Publikums oder auch an den Verkäufen, entspricht jedoch nicht immer der Realität. In der Galerienszene allerdings noch eher als im Kunsthandel, der panisch darauf bedacht ist nur ja keine Krisenszenarien heraufzubeschwören.
Österreich: Bestleistung der Auktionsbranche
Etwas mehr Transparenz liefern die Zahlenspiele der lokalen Auktionsbranche: Ganz konkret „im Kinsky“, die mit ihrem verlautbarten elf Millionen Euro-Umsatz zu einem Minus gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (13 Mio.) stehen und diesen mit einer drastischen Nachfrageschwäche der nicht näher definierten „Mittelware“ begründen. Eher geheimnisvoll verbreitete das Dorotheum die Kunde der „besten Frühjahrs-Saison in der Geschichte des Hauses“. Und das ist überraschend, als sich die Umsätze aus den beiden Auktionswochen seit Anfang des Jahres „nur“ auf 26,35 Millionen Euro gegenüber knapp 32 Millionen in 2010 addierten. Mit anderen Worten federten die abseits dieser Prestigeevents abgehaltenen Versteigerungen, darunter auch die„Daily Auctions“ oder erfolgreiche Debüts wie jenes der Sparte Tribal Art, jene Umsatzlücke ab, die Frans Franckens Jahrhundertzuschlag im April 2010 („Mensch am Scheideweg zwischen Tugend & Laster“, 7,02 Mio.) in eine vergleichende Bilanz reißen hätte können. Frei nach dem Motto auch Kleinvieh fabriziert Mist soll das Ergebnis der hausinternen Zwischenprüfung zum Halbjahr dem Vernehmen nach um 1,8 Prozent über den bisherigen Rekord liegen.
Ein Blick auf die zehn höchsten Auktionszuschläge seit Jänner offenbart eine ähnliche Spartendominanz wie schon 2010, mit der Klassischen Moderne in der Führungsposition gefolgt von Alten Meistern, die wiederum zu etwa 80 Prozent von Bietern aus dem Ausland bewilligt wurden. Und, das Preisniveau dieses Spitzenfelds stieg gegenüber den Zwischenbilanzen 2008 und 2009 deutlich, mit drei Zuschlägen jenseits der 550.000-Euro-Marke und derer fünf über 410.000.
Deutschland: Zuwachs an Umsatz & Bewertung
Dem Vergleich mit dem gegenwärtig gültigen Ranking in Deutschland hält Österreich jedoch nicht Stand. Dort verzeichnet man aktuell zwei Millionen-Kandidaten, gefolgt von acht Werten zwischen 460.000 und 915.000 Euro. Das kräftigste Scherflein trug hier Villa Grisebach (Berlin) bei, die im Zuge ihrer Frühjahrsauktionen 23 Millionen Euro und damit ein Umsatzplus gegenüber 2010 von satten 65 Prozent notierten. Ebenso stiegen die Einspielergebnisse bei den Kölner Häusern Van Ham (um 25 Prozent) oder Lempertz (auf 24,5 Millionen) sowie bei Ketterer in München (auf mehr als zwölf Millionen).
Abseits dieser Zuwächse hatten zweierlei Ereignisse nachhaltige Auswirkungen auf und für den internationalen Markt: Zum einen der bereits Ende 2010 bekannt gewordene Skandal (Sammlungen Jägers und Knops) im Zuge dessen vorerst 47 Fälschungen namhafter Deutscher Expressionisten beschlagnahmt wurden. Nicht nur Christie’s musste den einen oder anderen Verkauf rückabwickeln, darüber hinaus dokumentierte diese Causa sehr eindrücklich, wie leicht die kritischen Augen von an sich erfahrenen Kunsthistorikern und auch Museumsexperten zu täuschen sind. Zum anderen bewiesen deutsche Künstler ihre internationale Reife in beeindruckender Weise. Nach der Versteigerung der Sammlung Lenz-Schönberg (Sotheby’s London 2010, 26,4 Mio. Euro), die die Vertreter der ZERO-Gruppe in die obere Liga der globalen Post-War-Generation hievte, schafften dies via Sotheby’s London aktuell über die mit den Stars der 60er und 70er Jahre bestückte Sammlung des Grafen Dürckheim (67 Mio. Euro) auch Baselitz, Polke & Co.
Top 10 Auktionsergebnisse Österreich (Jänner bis Juni 11)
Quelle: Auktionshäuser; * Nachverkauf
Top 10 Auktionsergebnisse Deutschland (Jänner bis Juni 11)
Quelle: Auktionshäuser
Künstler | Werk (Meistbot), Sparte | Auktionshaus | € Brutto |
Alexej Jawlensky | Wasserburger Landschaft, Klassische Moderne | Dorotheum | 593.800 |
Alfons Walde | Aufstieg, Klassische Moderne | Dorotheum | 582.300 |
Peter Paul Rubens/Werkstatt | Christusknabe/Spinola, Alte Meister | Dorotheum | 558.030 |
Valerio Castello | Flucht nach Ägypten, Alte Meister | Dorotheum | 490.300 |
Josef Hoffmann/Carl O. Czeschka | Spieltisch/Wittgenstein, Jugendstil | Im Kinsky | 486.500 |
Enrico Castellani | Superficie bianca, Zeitgenössische Kunst | Dorotheum | 467.300 |
Giovanni F. Barbieri/Werkstatt | David/Goliath, Alte Meister | Dorotheum | 421.300 |
*Albin Egger Lienz | Die Familie, Klassische Moderne | Dorotheum | 416.800 |
Alexej Jawlensky | Abstrakter Kopf, Klassische Moderne | Dorotheum | 398.300 |
Jusepe de Ribera | Johannes, Alte Meister | Dorotheum | 398.300 |
Alfons Walde | Bauernsonntag, Klassische Moderne | Im Kinsky | 337.500 |
Künstler | Werk (Meistbot), Sparte | Auktionshaus | € Brutto |
Raden Saleh Ben Jaggia | In letzter Not (1842), 19. Jhd / Alte Meister | Van Ham | 1,95Mio |
Lucio Fontana | Concetto spaziale (1956), Zeitgenössische Kunst | Villa Grisebach | 1,00Mio |
Ernst Wilhelm Nay | Chromatische Scheiben (1960), Zeitgenössische Kunst | Villa Grisebach | 915.000 |
Fernando Botero | Bonjour, Mr. Botero (1983), Zeitgenössische Kunst | Villa Grisebach | 719.800 |
August Macke | Drei Akte (1913), Klassische Moderne | Villa Grisebach | 707.600 |
Jan Lievens | Tronie einer alten Frau, Alte Meister | Lempertz | 600.000 |
Kurt Schwitters | Tänzer, Gipsplastik (1943), Klassische Moderne | Lempertz | 600.000 |
Lovis Corinth | Amaryllis, Flieder u. Anemonen (1920), Klassische Moderne | Lempertz | 504.000 |
Norbert Kricke | Raumplastik (1959/63), Zeitgenössische Kunst | Villa Grisebach | 488.000 |
Günther Uecker | Kleines Feld (1976), Zeitgenössische Kunst | Villa Grisebach | 463.600 |
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1 Posting in diesem Forummusing
Hitcliff J. | 26.08.2011 10:04 | antworten
Gut, das überrascht mich nicht bei allen, dass die Preise auf Kunstwerke und Verkäufe selbst weiter wachsen. Wir leben in einer solchen instabilen Welt heute, dass es scheint, dass die einzigen Dinge, die wirklich teuer Preis haben Kunstwerke sind. Kein Wunder, dass viele Menschen, die es sich leisten können, sie als Geldanlage kaufen. Mit dem Lauf der Zeit ihre Preise nur steigen. Ich war nur überrascht, dass in <a href="http://www.picktorrent.com/download/5f/2075245/deutschland-im-herbst">Deutschland</a> Auktionsergebnisse höher als in Österreich sind.
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