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IRAN - preview of the past: Identität und Subversion

Drei Frauen haben sich gefunden und ihr jeweils erträumtes Projekt gemeinsam verwirklicht. Mit „IRAN preview of the past“ bieten die Künstlerin Sini Coreth, die Kunsthistorikerin Julia Allerstorfer und Barbara Putz-Plecko, Professorin an der Angewandten, einen beachtlichen Einblick in die iranische Kunst der Gegenwart - ein repräsentativer Querschnitt aus persönlicher Sicht. Viele der rund vierzig Foto- und Videoarbeiten entstanden in Wien, andere wurden über digitale Datenträger aus Teheran importiert. Die Werkauswahl der 18 zumeist sehr jungen iranischen Künstler stammt aus den Jahren 2004 bis 2010 mit Schwerpunkt auf die Zeit vor den fragwürdigen Wahlen im Iran 2009. Preview of the past betitelt die kontextuelle Klammer der Ausstellung: Die individuellen künstlerischen Positionen stehen im Spannungsfeld verschiedener Rückblicke und Visionen, Komponenten aus Sicht der Vergangenheit wie aus Sicht der aktuellen Situation. Auch wenn es keineswegs die Ambition der Kuratorinnen war eine politische Ausstellung zu formieren, so lässt sich die Präsenz des repressiven iranischen Reglements im Leben und Werk der KünstlerInnen unmöglich leugnen. Gleich beim Betreten der Ausstellung wird man mit dem Faktum der obligaten Selbstzensur für Kunstschaffende im Iran konfrontiert. Die staatliche Zensur, die in öffentlichen Bibliotheken selbst Abbildungen von Tizians Allegorien oder einer gotischen Madonna lactans erfasst und deren Blößen mit schwarzem Filzstift kaschieren lässt, wird von Shadi Ghadirian mit West by East oder Real Ones auf moderne westliche Modefotografie übertragen – Kritik an politischer Kontrolle und künstlerisches Mittel zugleich. Welche umfassende Relevanz und Brisanz die Thematik von Frauen-Identität und -Integrität im aufgeschlossenen iranischen Kulturkreis prinzipiell besitzt, zeigt sich in nahezu jedem der Exponate. Widersprüchlichkeiten und Paradoxien werden in krasser Gegensätzlichkeit offensichtlich. Afshan Ketabchi bettet in Harem Project aufreizende weibliche Protagonistinnen in die traditionelle Kunstform der persischen Buchmalerei. Ramin Haerizadeh, der aufgrund seines nicht konformen Werks nach Dubai ausgewiesen wurde, demonstriert und demaskiert in Bad Hejab das aufoktroyierte Rollenspiel der Geschlechter im Alltag anhand von Fotomontagen. Die Frage nach Identität prägt in verschiedensten inhaltlichen Facetten und künstlerischen Formulierungen die Arbeiten der Ausstellung: mal kreist sie um die junge Generation an sich, wie in Neda Hoisseinyars fotografischen Additionen von posierenden Akten und urbanen Highways Land of Contradiction, ein andermal konzentriert sie sich auf die Definition der eigenen individuellen Persönlichkeit wie in den Selbstporträts von Saleh Rozati. Diese an sich schon vielschichtige Problematik führt in der Bezugnahme auf die kriegerischen Konflikte mit dem Irak zu massiver Verdichtung. Die darin implizierten oder auch daraus resultierenden Diskrepanzen, Verunsicherungen, psychischen Brüche und Ängste finden vor allem im filmischen Medium ihren bedrückenden Ausdruck: poetisch und reich an Metaphern wie etwa in Open Seas von Behrang Samadzadegan oder melodramatisch formuliert wie in Replica von Mehdi Sadr. Jene Doppelbödigkeit und Subversivität der inhaltlichen Ebenen, die notwendig waren um im politischen Regime des Iran das künstlerische Überleben zu ermöglichen, charakterisieren auch in jene Arbeiten, die außerhalb des Landes, in Wien, entstanden sind. Erinnerungen und Visionen werden überlagert und verwoben, gleichsam zu künstlerischem Extrakt transformiert und in gegenständlicher Präzision als essentielle Fragestellungen konkretisiert.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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IRAN - preview of the past
10.11 - 10.12.2010

Universitätsgalerie im Heiligenkreuzer Hof Wien
1010 Wien, Schönlaterngasse 5 oder Grashofgasse 3
Tel: 71133-2160, Fax: +43 1 711 33-6309
Email: pr@uni-ak.ac.at
http://www.dieangewandte.at
Öffnungszeiten: Mi--Sa 14-18 Uhr


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