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Lia. Die Ästhetik digitaler Algorithmen

Die Spitze eines Windstrahls bewegen, der durch die Kronen elastischer Gummischlauchwälder düst, tausend feine Metallspäne durch einzelne Magnetfelder ziehen und damit kleine Kreaturen wachsen lassen, einen Kreisel von Wassersprinklern im Takt der Musik steuern: diese lustvollen Dramen können sich abspielen, wenn mit den von Lia Online zur Verfügung gestellten Programmen und mit einem Touchpad experimentierend interagiert wird. Ein Computerprogramm ist eine Reihe formaler (algorithmischer) Anweisungen. Die Ausführung durch einen Rechner kann interaktiv durch die Steuerung einer Mouse, eines Trackpads u.a.m. oder automatisiert erfolgen. Die Künstlerin Lia verwendet seit 1995 ihren Rechner dazu, Anweisungen bestimmter Programme derart zu bearbeiten, dass immer neue dynamische Bewegungen auf die sich vervielfachenden Formen einwirken können. So entstehen unvorhersehbare Ergebnisse, die als generativ bezeichnet werden können. Einzelne Momentaufnahmen dieser Prozesse sind Screenshots, Einzelbilder oder auch Videoaufzeichnungen und Events, bei denen Lia die Prozesse ihrer Codes live erzeugt und auf großen Leinwänden zeigt. Die internationale Ausstellungs- und Screeningliste Lias ist lang und würde sie jeweils mitreisen - sie tut es zumeist nur bei Liveauftritten und Ausstellungen mit interaktiven Installationen - hätte sie wohl die Bonusmeilen für eine Weltreise schnell gesammelt. Um nur einige zu nennen: Festival de arte Digital, Brazil; Melbourne International Animations Festival; Slought Foundation, Philadelphia, USA; Museum Tinguela, Basel, Switzerland. Erste Arbeiten Lias entstehen mit Makro Media Director; einem Programm, das darauf spezialisiert ist, interaktiv oder automatisiert Bewegungen einzelner und/oder mehrerer Pixel (-verbände) durchzuführen, um so die Inhalte für das Medium CD-Rom mit Maus und/oder Menü zu bewegen und zu steuern. Noch fanden sich damals keine Unterscheidungen in den Begrifflichkeiten von Netzkunst, Softwareart oder Generativer Kunst, auch gab es wenig Ausstellungsorte, um jene Arbeiten zu zeigen. In der von Lia co-kuratierten Ausstellung Media Lounge (Abstraction Now, Künstlerhaus Wien, 2003) galt das Kriterium, die Funktionalität des Internets zu nutzen. Lia dient das Internet seit Beginn dazu, ihre Arbeiten translokal zur Verfügung zu stellen. Anders als das Künstlerduo Jodi.org arbeitet sie als eine der ganz frühen Softwareartists zwar mit dem Internet und auch mit Programmcodes, nicht aber mit Internetprotokollen, Browsern und/oder HTML selbst. Neuere Programme, deren Codes Lia bearbeitet, formt und die sie sich für ihre ganz spezifische Formensprache und Ästhetik zu eigen macht sind Processing und Open Frame Work. Für Lia ist der Programmcode das künstlerische Material, das sie für ihre Arbeiten verwendet. Das Ziel ihrer Programmierung ist jeweils die dynamische Darstellung bestimmter Prinzipien, deren Themen Wachstum und Beziehung sind. Für die Arbeit "Arcs 21" (2009), die auch für mobile Endgeräte wie das i-Phone erhältlich ist, war das Prinzip der Bewegung des Wiener Riesenrads in Beziehung zu der Bewegung des Mondes Inspiration für die Konstruktion von digitalen Zentren und füllenden Zwischenräumen. Je nachdem, wie sich die Zentren zueinander verhalten und abhängig von den eingestellten Parametern, ergeben sich unterschiedliche audiovisuelle Bilder. Obgleich die generativen Prozesse Unvorhersehbares als Ergebnis anbieten, Lia ist Autorin ihrer minimalistischen Softwarekunst, die sie im Auftrag der Erforschung von Bewegung und Raum unternimmt. www.liaworks.com
Mehr Texte von Rosa von Suess

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