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Com&Com - La réalité dépasse la fiction: Postironie – alles andere ist Vergangenheit?

„La réalité dépasse la fiction“ lautet der Titel der neuen Ausstellung des Künstlerduos Com&Com im CentrePasquArt in Biel. Mit dieser ersten Retrospektive nach erst etwa 13 Jahren der Zusammenarbeit zwischen Markus Gossolt und Johannes M. Hedinger postuliert der Ausstellungstitel, dass die Realität die Fiktion überhole. Damit läuten die Künstler auf allen Kommunikationsebenen eine neue Schaffensphase ein, die sie mit dem Begriff der ‘Postironie’ als Aufbruch und Entwurf für eine neue künstlerische Strategie bezeichnen – frei von Sarkasmus und Zynismus. „Endlich mal was Schönes“ heisst es auch im Multi-User-Blog „Beiz 2.0“, der die künstlerische Vorgehensweise und den proklamierten Schnitt, die im kunsthistorischen Diskurs als ‘Bruch’ bezeichnete Zäsur, diskutiert. Zum gleichnamigen neuen Werkzyklus „Postirony“ von Com&Com gehört auch ein Blog (www.postirony.com/blog), der mithilfe vieler Anhänger der Postironie zu einer vielseitigen Sammlung von Bildern, anekdotischen Statements und Ideen angewachsen ist. Alle Beiträge kreisen um das „First Post-ironic Manifesto“ von Com&Com, das basierend auf eingängigen Feststellungen in der Formel „Beauty is the new Punk“ gipfelt. Die Postironie erscheint im Gewand des Regenbogens: Sie lässt alle ’Couleurs’ von Ironie und Anti-Ironie zu, fördert und fordert deren Diskussion. In diesem Sinne wird die Ausstellung in vier Teile gegliedert, wobei selbstverständlich die ersten Arbeiten als „Frühwerk“ bezeichnet und die folgenden Projekte in „Schaffensphasen“ zusammengefasst werden. In ausnahmslos allen Texten zur Ausstellung ist folgerichtig zu lesen „Es folgt 2009 die Neuausrichtung des Künstlerduos“. Mit „Postirony“ wird der Wendepunkt proklamiert. Die Forderung des Kunstwerks „Dictum. 43 (Das einzige Rezept: schöne Werke schaffen, dann komme, was mag.)“ aus dem Jahr 2001 erscheint als Schriftzug an der Wand und wird nun eingelöst: Im Salle Poma, dem grössten Raum des CentrePasquArt, begegnet den Besuchern mit „Baum“ (2010) ein ‘Natural Ready Made’. Vom Wurzelballen bis zur Krone, alle Wachstumsstadien in einem Objekt sichtbar, schwebt der Baum in sanft gedämpftem Licht im Raum. Der Baum ist ein wahrlich schönes Sinnbild für eine Retrospektive und kaum zu überbieten an Romantik, Symbolik und Naturnähe. Damit zielt Com&Com nicht nur auf vielzitierte Pathosformeln, eine Empathie für Rückbesinnungen oder auf gesellschaftliche Erwartungen an den Künstler an, sondern spielt diese selbst durch: Neben nur schwer ausstellbare Projekte wie dem Romanshorner Denkmal „Mocmoc“ (2003-2006) treten in der Retrospektive Holz- und Keramikskulpturen aus der Serie „Ender“ (2010) auf weissen Gipssockeln oder gerahmte Bleistiftzeichnungen. Der traditionelle Kunstbegriff wird im gut verkäuflichen Objekt erneut befragt; formuliert werden die Fragen im Kommunikationssystem der Kunst selbst und innerhalb ihrer ökonomischen Strukturen. Doch der Baum wird im Museum jämmerlich verdorren während die Postironie auf T-Shirts draussen spazieren getragen wird und im Netz weiter blüht.
Mehr Texte von Marianne Wagner

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Com&Com - La réalité dépasse la fiction
17.01 - 14.03.2010

Kunsthaus Pasquart
2502 Biel / Bienne, Seevorstadt 71 Faubourg du Lac
Tel: +41 32 322 55 86, Fax: +41 32 322 61 81
Email: info@pasquart.ch
http://www.pasquart.ch
Öffnungszeiten: Di, Mi,Fr 12-18, Do 12-19, Sa 11-18 h


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