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...Berlin: Lauter Abschiede Stiller Einstand

Es war kein großes Jahr, von dem man sich jetzt zu verabschieden musste, entgegen den Ankündigungen und Erwartungen. Sowohl die Documenta als auch die Biennale von Venedig enttäuschten in jeder Hinsicht. Allein die Skulpturen-Projekte konnten noch überzeugen. Schwamm drüber. Berlin aber hat sich in vergangenen Jahr zu einem internationalen Galerienstandort entwickelt. Es fehlen nur noch Daniel Buchholz und die Lisson Gallery. Aber schon stehen die nächsten Abschiede auf der Agenda, an erster Stelle der von Peter Klaus Schuster. Entgegen seinen eigenen Hoffnungen wurde er doch in den Ruhestand geschickt ebenso wie sein alter ego Rechtsanwalt Peter Raue, der seinen Vorsitz der Freunde der Nationalgalerie an Christina Weiss übergibt. Die hat sich dann auseinander zu setzen mit Udo Kittelmann, dem neuen Direktor der Nationalgalerie. Derzeit ist er wie bekannt noch Direktor des Museum für Moderne Kunst in Frankfurt. Und plötzlich finden die Berliner ein starkes Interesse an dem ‚Tortenstück’ von Hollein in der Mitte Frankfurts und insbesondere an deren Füllung. Mit den Fotografien von Taryn Simon könnte er selbst die skeptischen Berliner überzeugen. Dafür aber ist die geplante Ausstellung mit Bernard Buffet im April dieses Jahres eher ein seltsamer Fehlgriff. Oder die Ehrenrettung eines Verfemten? Aber vielleicht findet Kittelmann den richtigen Zugriff dafür, den er dann wohl auch noch in Berlin suchen muss. Bleibt zu hoffen, dass er bei seinem Amtsantritt am 1. Oktober 2008 sich nicht gleichzeitig vom Hamburger Bahnhof verabschieden muss. Hintergrund dafür ist der anstehende Verkauf der bisher bundeseigenen Vivico Real Estate, zu der das Gebäude gehört, an den österreichischen Immobilienriesen CA Immo. Für den Hauptbau des ‚Museums für Gegenwart’, dem früheren Bahnhof, besteht ein regulärer Mietvertrag, der gekündigt werden kann. Die Stille um die Vorgänge bei diesem Verkauf lässt auf eine stille Diplomatie hinter den Vorhängen hoffen. Oder ist diese Stille bloß trügerisch? Die Berliner Morgenpost meldet: „Die Zuständigen bei der Stiftung Preußischer Kulturbetrieb winkten gestern gelassen ab: "Wir sehen keine Gefährdung, weil wir die nicht sehen."“ Kulturbetrieb oder Kulturbesitz? Museum der Gegenwart? Blind vor Sehen? Wird aus dem Museum der Gegenwart eines der abgeschlossenen Vergangenheit? Das wäre zu schade. Schließlich präsentiert sich das Haus mit einer neuen Sammlungskonzeption, die dem Begriff der ‚Migration der Form’, ein Überbleibsel des vergangenen Jahres, einen Sinn zu verleihen versucht. Zum Ende des Jahres hat man im Hause seinen Frieden geschlossen mit den Leihgebern Friedrich Christian Flick und Erich Marx, ganz still und stilvoll. Ganz still ist auch die Inthronisation des neuen Direktors des Neuen Berliner Kunstvereins (NBK) vor sich gegangen. In einem Newsletter des Vereins war am Ende zu lesen: “Im Sommer 2008 beginnt das neue Programm unter der Leitung von Marius Babias, seit 1. Januar 2008 Direktor des NBK.“ Bis der Neue Berliner Kunstverein wirklich neu wird, dauert es also noch. Auf der Homepage werden unter Vorschau dann auch schon die ersten Ausstellungen des neuen Direktors beschrieben. Um den Neubeginn auch visuell deutlich werden zu lassen, wird Silke Wagner im Juni d.J. die Räumlichkeiten in eine neue Struktur bringen. Ist das nun Teil ihrer Ausstellung oder zusätzlich dazu konzipiert? Eine Antwort auf diese Frage und weitere bietet vielleicht die Veranstaltung ‚Quo vaditis Kunstvereine?’ mit den Direktoren und Direktorinnen der in Berlin ansässigen Kunstvereine im NBK am 31.1. Aber müsste es nicht heißen ‚Quo vaditis coetus artis’? Antworten darauf im nächsten Brief.
Mehr Texte von Thomas Wulffen †

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