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Birgit Jürgenssen - 20 Zeichnungen aus den Jahren 1973-1979: Marmorne Körper

Birgit Jürgenssen und die Zeichnung - das ist mit Hinblick auf die Vielfalt ihres Oeuvres ein weites Feld. Versucht man eine grobe Einteilung vorzunehmen, kristallisieren sich die surrealistisch anmutenden Farbstift-, Bleistift- und Kreidezeichnungen der 1970er, deren bekannteste bislang die witzig-ironischen "Hausfrauen"-Blätter sind, als früh abgeschlossener Werkblock heraus. Ihrer Filigranheit nahezu diametral entgegengesetzt sind die Kohlezeichnungen und aquarellierten Zeichnungen der Achtziger Jahre. Wie auch ihre Malerei aus derselben Zeit rücken sie Jürgenssens Kunst in die Nähe der frühen Transavanguardia. Wenig später wird sich die Künstlerin dann ganz den technischen Medien zuwenden: dem Video, der Fotografie, der Computergrafik. Hierbei weiterhin von Zeichnung zu reden, ist jedenfalls zum Teil legitim - dann wenn die Künstlerin im Sinn einer erweiterten Body-Art den eigene Körper als Projektionsfläche einsetzt. So heterogen diese Abfolge erscheinen mag - die Arbeit am und über den Körper schließt Jürgenssens späte Arbeiten auch über den feministischen Anspruch hinaus überzeugend mit dem Frühwerk kurz. Das verdeutlicht einmal mehr diese Ausstellung in der Galerie Hubert Winter, in der 22 frühe Farbstift-, Kreide- und Bleistiftzeichnungen aus dem Nachlass präsentiert werden - ein Großteil davon zum ersten Mal. Entstanden zwischen 1973 bis 1978 stellt sich das Konvolut vor allem als ein Bündel gezeichneter Erzählungen dar, das Jürgenssens feministischen Impetus ebenso belegt wie ihren Hang zu einer surrealistischen Bildsprache. Insbesondere letzterer ist in einigen der hier ausgestellten Blättern zum Teil wie ein direktes Echo spürbar; die Stimmung der Zeichnungen Pierre Klossowskis, Toyens Bildwelt oder René Magritte merkwürdige Kombinatorik hallen da fast ungebrochen wieder. Ein anderer Strang sind die Landschaften. Ähnlich wie manche Fotomontagen und Video-Arbeiten von Valie Export werden sie - beispielsweise in Blättern wie "Strandszene" (1977) oder "Ohne Titel" (1976) - zur Projektionsfläche für existenzielle Bedrohungen und Ängste. Im Unterschied aber zu Export, deren Bildsprache direkter und realistischer ist, verzichtet Jürgenssen in der Darstellung nie auf eine gewisse Poesie. Die dritte, stärkste Gruppe umfasst schließlich jene Arbeiten, die Jürgenssens Body- und Performance-Art aufgreifen und teilweise bereits Konzepte vorwegnehmen, die sie ab den 1980ern medienkünstlerisch umsetzte. Ein überzeugendes Beispiel dafür ist die Zeichnung "Jeder Leberfleck ein guter Freund (Selbstportrait)" (1978): ein Rückenakt mit einem auftätowierten Linienwerk, das sowohl Straßenkarte sein kann wie Adernsystem oder auch ein Netz von Rissen auf einem marmornen Körper. Ebenso "Ohne Titel" (1977), eine Re-Interpretation von Körperwölbungen als Nische, Nistplatz und Behausung für die Tierwelt.
Mehr Texte von Johanna Hofleitner

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Birgit Jürgenssen - 20 Zeichnungen aus den Jahren 1973-1979
11.01 - 01.03.2008

Galerie Hubert Winter
1070 Wien, Breite Gasse 17
Tel: +43 1 524 09 76, Fax: +43 1 524 09 76 9
Email: office@galeriewinter.at
http://www.galeriewinter.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa 11-14h


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