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Parallel Vienna 2020: Kleiderständer auf der Dachterrasse

Acht Stockwerke, kein Aufzug. Wer die Parallel heuer zur Gänze sehen will, muss einige Mühen auf sich nehmen, abgesehen von der sehr starken Zugangsbeschränkung, die allerdings ihre Vorteile hat. Die Begrenzung auf 300 Personen, die sich gleichzeitig im Gebäude aufhalten dürfen, verhilft denen, die in Zeitfenstern Einlass erhalten, zu einem sehr exklusiven Kunstgenuss und ausreichend Zeit für Gespräche mit den Ausstellern. Vor allem aber ist dadurch immer ausreichend Platz auf der phänomenalen Terrasse auf dem Dach des ehemaligen Gewerbehauses der Wirtschaftskammer im dritten Bezirk, deren Bar noch bis spätabends geöffnet ist. In einem normalen Jahr würde hier großes Gedränge herrschen. Aber was ist schon normal in diesem Jahr.

Während die Hauptmesse Viennacontemporary unter der Corona-Pandemie leidet, profitiert die Parallel nicht nur von der deutlichen Standortverbesserung gegenüber den vergangenen Ausgaben. Eine Handvoll wichtiger einheimischer Galerien hat sich für eine Teilnahme an der Parallel statt der Viennacontemporary entschieden, aus jeweils individuellen Gründen.

Für Peter Krobath war die Rechnung relativ einfach: Da dieses Jahr wohl jede Messe recht regional sein werde, habe er sich für die Veranstaltung in der Innenstadt und ein Büro mit Panoramafenster zur Durchlüftung entschieden. Sein Solo mit Sophia Süßmilch kommt erwartungsgemäß gut an. Die Arbeiten der angesagten Schülerin von Ashley Hans Scheirl kosteten auch nur zwischen 1.500 und 6.000 Euro, erklärt der Galerist. Zur Vernissage seien schon zwei Arbeiten verkauft.

Ob sich ihr Engagement hier auszahlt, kann Robby Greif mit dem jungen Ableger der Galerie Christine König zu Beginn der Eröffnung noch nicht sagen, obwohl er schon eine kleine Arbeit von Thilo Jenssen verkauft hat. Er stelle hier aus, um etwas für die Künstler zu tun. Die Galerie Krinzinger nimmt an beiden Messen teil und zeigt fünf Positionen aus ihrem jungen Programm mit Preisen von 750 bis 5.500 Euro. Nach zwei Jahren mache die Teilnahme wieder Sinn, erklärt Manfred Wiplinger. Messen gebe es eh kaum dieses Jahr, die großen Dinners fielen ebenfalls aus und es bleibe Zeit für solche Projekte.

Den großen Reiz der Parallel macht traditionell die wilde Mischung aus. Renommierte Galerien präsentieren sich neben randständigen und Newcomern, Projekträumen, Kunstvereinen, Selbstvermarktern und – neu – Akademieklassen. Besonders Letzteres ist ein echter Gewinn. Auch die Ausstellung vom Neuen Kunstverein Wien, die die Reaktion Heinrich Dunsts auf die Arbeiten der jungen Künstler Hugh Scott-Douglas, Sophie Gogl und Philipp Timischl zeigt, ist erfrischend.

Die übersichtliche Architektur und die Besucherführung erhöhen allerdings auch die Chance, dass man sich alles ansieht. Das ist dann bei rund 120 Ausstellern doch ziemlich viel und vor allem ziemlich disparat. Die Kriterienlosigkeit scheint der Veranstalter einfach nicht aufgeben zu wollen. Am besten steigen Besucher zum Abschluss der Parallel noch einmal aufs Dach und erholen sich bei grandioser Aussicht und einem Sundowner. Und freuen sich über die hybriden kleiderständerartigen Skulpturen mit Leuchtenfunktion von Rupert Zallmann, die maximal 1.900 Euro kosten und genau jene jungen Leute ansprechen dürften, die mit dem traditionellen Kunstbetrieb (noch) nicht so viel anfangen können und hier an das fremde Metier herangeführt werden.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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Parallel Vienna 2020
22 - 27.09.2020

Ehemaliges Gewerbehaus
1030 Wien, Rudolf-Sallinger-PLatz 1
https://parallelvienna.com/
Öffnungszeiten: 12-19 h (Achtung: Zugang nur zu gebuchten Timeslots)


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