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Hedy Lamarr - Lady Bluetooth: Porträt einer Diva

Das Jüdische Museum Wien zeigt in einer Überblicksausstellung Leben und Wirken der österreichischen Schauspielerin Hedy Lamarr, die sehr früh auf der internationalen Kinoleinwand Erfolge feiern konnte und von Regisseur Max Reinhardt als schönste Frau der Welt bezeichnet wurde. Ihre vielen Lebensrollen, auch jene abseits des Films, werden mithilfe von originalen Objekten aus ihrem Nachlass in 16 Stationen detailreich skizziert.

Erste Berühmtheit erlangte die 1914 in Wien geborene Hedy Kiesler bereits 1933 durch eine kurze Nacktszene und die Darstellung eines Orgasmus im tschechoslowakischen Film „Ekstase“. 1937 flüchte sie vor ihrem besitzergreifenden Ehemann, dem Waffenproduzenten Fritz Mandl, über Paris und London in die USA, eine Schiffsreise, auf der sie den Filmmogul Louis B. Mayer (MGM) zu einem längerfristigen Vertrag bewegen konnte im Zuge dessen sie auch ihren Künstlernamen Hedy Lamarr erhielt. Ihre jüdische Herkunft wurde in den USA nie thematisiert, wie auch ihre Flucht nicht auf den vornehmlichen Beweggründen dieser Zeit basierte. 

Als interessante Gegenüberstellung im ersten Raum dienen Fotos, die von der Schauspielerin in Europa und den USA gemacht wurden. Während Fotograf*innen wie Trude Fleischmann die junge Kiesler noch in Wien und Berlin für Autogrammpostkarten porträtierten, zeigen die Pressefotos der Lamarr aus der goldenen Hollywood-Ära, wie sich Pose, Make-up, Licht und Kleidung bereits gewandelt und sich eine spezielle Ästhetik eingestellt hatte, die etwa das Gewicht der Schauspielerin diktierte bzw. minimierte. Die internationalen Filmerfolge dauerten bis in die späten 1940er Jahre. Da ihr Englisch aber immer eine gewisse Färbung behielt, verkörperte sie meist europäische oder auch indigene Charaktere. Aus Enttäuschung über die Diktate ihres Filmstudios MGM, das sie keine ernsthafte Charakterrolle spielen ließ, wurde Lamarr zeitweise selbst zur Produzentin und aufgrund ihrer Nazi-Gegnerschaft auch zur Erfinderin. Gemeinsam mit dem Komponisten George Antheil (Le ballet mécanique) konzipierte sie ein Verfahren, das eine störungssichere Funkfernsteuerung für Torpedos garantieren sollte und das als einer der Vorläufer des heutigen Bluetooth gilt. Diese Erfindung wurde patentiert, jedoch nicht eingesetzt, auch weil sie als „Alien Property“ betrachtet wurde, da Lamarr erst 1953 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt.

Die Ausstellung zeichnet ebenfalls die schicksalshaften späteren Jahre der Schauspielerin, die stets über ihr Äußeres definiert wurde, nach. Die Vernachlässigung ihrer Kinder wird ebenso aufgezeigt wie ihre sechs gescheiterten Ehen, ihre zunehmende Divenhaftigkeit, Verhaftungen wegen Ladendiebstahls und ihre Unfähigkeit, den Verlust von Jugend und Schönheit zu akzeptieren. Vor allem in späteren Jahren zeigte sie sich nicht mehr in der Öffentlichkeit. Ihr geliebtes Wien hatte sie nur einmal wiedergesehen, im Sommer 1955 mit Ehemann Nr. 5. Heute ist die im Jahr 2000 in Florida verstorbene Künstlerin am Wiener Zentralfriedhof in einem Ehrengrab beigesetzt.

Die Ausstellung vermag es, hinter die Kulissen eines Stars zu blicken und sämtliche Stärken und Schwächen aufzuzeigen, die letztendlich die Grundlage jeglicher menschlicher Existenz bilden.

Mehr Texte von Walter Seidl

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Hedy Lamarr - Lady Bluetooth
27.11.2019 - 08.11.2020

Jüdisches Museum Wien
1010 Wien, Dorotheergasse 11
Tel: +43(1) 535 04 31, Fax: +43(1) 535 04 24
Email: info@jmw.at
http://www.jmw.at
Öffnungszeiten: So-Fr 10-18, Do 10-20 Uhr, Sa geschlossen


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