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Im Wald kommen d'Leut zam

30.000 Besucher fasst das Klagenfurter Stadion, wenn es denn einmal gefüllt wird. Kommt leider eher selten vor. Nach den drei EM-Spielen, für die es 2008 erbaut wurde, gab es diverse Pop-Konzerte, wenige namhafte Fussball-Events und das war es auch schon. Als es Wolfsberg nun in die Europa League geschafft hatte und gegen Roma im Klagenfurter Stadion womöglich die Ränge hätte füllen können, standen am Spielfeld 299 meterhohe Bäume samt Unterholz und Klaus Littmann, der Initiator der temporären Aufforstung hatte bereits den 100.000 Besucher begrüßt. „Wald-Schauen“ im Fussballstadion als Kulturevent. Es gibt ortsübliche Imbisse wie Würstel und Bier, abends wird das Flutlicht eingeschaltet und der Wald wird zur Bühne zusätzlicher Veranstaltungen. Das Projekt FOR FOREST (bis 27.10), das über lange Zeit vom vom Gemeinderat bis zum Stammtisch polarisiert hatte, scheint doch gut aufgenommen zu werden. Finanziert wird die Intervention ausschließlich durch private Mittel, nach der Veranstaltung findet das Waldstück 1:1 eine Bleibe in der nächsten Umgebung.

Womöglich reüssiert das Projekt auch, weil es kein Solitär geblieben ist und gleichsam in den gesamten Stadtbereich hinausgewachsen ist. Zwei Dutzend Destinationen führt das Programmheft auf und macht damit sichtbar, wie viele Institutionen, Initiativen und Örtlichkeiten einer doch ziemlich aktiven Szene Raum bieten. Und da sich noch nicht einmal alle dabei.

So waren im Künstlerhaus, dem Kunstverein für Kärnten, die über 200 Mitglieder aufgerufen, sich an der unjurierten Ausstellung mit dem Titel „Kambium“ zu beteiligen. Rund 40 Künstler*innen haben dem Folge geleistet, womöglich sind es etwas zu viele an einzelnen Arbeiten, als dass eine kuratorische Hand der Kuratoren Ingeborg Kofer und Andreas Klimbacher sichtbar werden könnte. Immerhin, soweit angegeben, scheint Löwenanteil der Werke in diesem Jahr und für die Ausstellung entstanden zu sein. Einzig Arno Popotnig geht direkt auf den Stadionwald ein. Der Besucher ist eingeladen mit den 299 Holzstäben mit bunt bemalter Schnittfläche zu interagieren. (bis 31.10) Gleich nebenan, im nicht einmal 10m2 großen Jugendstiltheater setzte der Verein zur Anregung des Dramatischen Appetits (VADA) mit „a Haufen Scheiter“ der Großintervention im Stadion eine eher minimale entgegen und füllte das gesamte Innere des Jahrhundertwende-Pavillons mit rund 19 Festmetern Brennholz.

Für die Ausstellung TOUCH WOOD haben sich erstmals die Stadtgalerie Klagenfurt und das Museum Moderner Kunst Kärnten zusammengetan und spüren in den vier Bereichen „Ur-Wald“, „Kultur-Wald“, „ausgebeutete und zerstörte Natur, sowie „Natur nach der Natur“ dem Thema Wald in einer umfassenden Kombination aus eigenen Beständen und pointierten Leihgaben nach. Kuratiert wurde die Ausstellung von den beiden Leiterinnen der Häuser sowie Nora Leitgeb, die kürzlich vom Kunstraum Lakeside zum Team des MMKK gewechselt hat. (bis 05.01.20)

Als unbestrittener stillen Held von FOR FOREST und den Folgen allerdings darf Max Peintner gelten. Seine Zeichnung „Die ungebrochene Anziehungskraft der Natur“ aus dem Jahre 1970/71 hat bei Klaus Littmann bereits vor 30 Jahren den Wunsch ausgelöst, das dargestellte in die Realität um zu setzten: Wald als eine aus den vollen Rängen bestaunte Inszenierung in einem Stadion, umringt von einer verqualmten Skyline. Die Zeichnung, die bislang alleine im deutschsprachigen Raum in über 20 Schulbüchern abgebildet wurde, ist als Teil einer Serie unter dem Titel „Paradise Lost: Negative Utopien“ nun im Living Studio der Stadtgalerie zu sehen. (bis 24.11) Parallel zeigt die Galerie3 unter dem Titel „Kunst über Kunst als Modell der Natur“ neuere Arbeiten von Peinter (bis 25.10.).

Es liegt in der Natur der Dinge, dass Utopien durch ihre Realisierung das Utopische verlieren. Was also tun? Neue finden!

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For Forest
09.09. - 27.10. 2019
www.forforest.net

Touchwood
MMKK Museum Modern Kunst Kärnten
19.09.2019 - 05.01.2020
mmkk.ktn.gv.at/
Künstlerhaus Klagenfurt
06.09.2019 - 05.01.2020
www.kunstvereinkaernten.at

Max Peintner: Paradise lost: Negative Utopien
Stadtgalerie Klagenfurt
05.09. - 24.11.2019
www.stadtgalerie.net

Max Peintner - Kunst über Kunst als Modell der Natur * Bagger
Galerie 3
06.09. - 25.10.2019
www.galerie3.com

Mehr Texte von Daniela Gregori

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