Werbung
,

Maryam Jafri - Wege zur Knechtschaft neu geteert: Strukturen gezielter Unterwerfung

In der ersten umfassenden Ausstellung in Österreich in der Kunsthalle Tirol im Taxispalais analysiert Maryam Jafri unterschiedliche gesellschaftsbedingte Strukturen mit einer ausgeklügelten und diversifizierten künstlerischen Formensprache. Sie nähert sich dabei spezifischen Phänomenen der Macht und verhandelt diese auf medial vielschichtige Weise.

Im ersten Raum präsentiert sie amerikanische Konsumprodukte, die aus verschiedensten Gründen wieder vom Markt genommen wurden und benennt die Ursachen dafür in gerahmten Labels, die die Objekte und den referenziellen Kontext ihres Verschwindens erklären. So zeigt sie etwa den berühmten Basketball der Firma Spalding sowie Limonaden derselben Marke, die sich jedoch aufgrund der Namensgleichheit als eigenständiges Produkt nicht etablieren konnten.

Darauf folgt die Präsentation der bereits oft gezeigten Arbeit Independence Day 1934-1975 (2009-), bei der die Künstlerin aus Archiven Fotos zusammengetragen hat, die Zeremonien von Staaten in Asien, dem Nahen Osten und in Afrika zeigen, als diese vom Kolonial- in einen vermeintlichen Nationalstaat übergingen. Die Präsentation als s/w Fotos in einem unterbrochenen Raster knüpft auf formale Weise auch an die Arbeit Where We’re At (2017) an, die an ein minimalistisches Bücherregal mit Buchstaben erinnert, das sich jedoch als Kreuzworträtsel für BesucherInnen herausstellt und Fragen zur aktuellen Politik vorwiegend in den USA stellt. Diese Klammer der Rasterung visualisiert Jafri auch in der großen Wandarbeit Model 500 (2019), die eigens für das Taxispalais geschaffen wurde und im großen Raum im Souterrain zu sehen ist. In 100 aneinandergefügten Aluminiumtafeln mit Vinylplatten werden Fragen zu Detroit Techno offenkundig, die erneut als Kreuzworträtsel angelegt wurden.

Ebenso speziell entwickelte die Künstlerin die Videoarbeit Mariam Jafri vs. Maryam Jafri (2919). Hier thematisiert sie Verwertungsrechte von Kunst und Fotografie anlässlich einer Aufnahme für Getty Images von einer ihrer Skulpturen auf der Frieze London 2017. Das Foto zirkulierte als Aufmacher für die Messe, jedoch mit falsch wieder gegebenem Vornamen und verwehrte es der Künstlerin letztendlich, dieses gebührenfrei zu verwenden.

Modelle der Vermarktung greift Jafri auch im Video Avalon (2011) auf, das die Produktion von BDSM Artikeln in Zusammenhang mit den Vorlieben ihrer EndverbraucherInnen stellt. Dominanz und Macht sowie der Entzug von selbiger wird in ironischer Weise in der Arbeit American Buddhist (2016) verhandelt. Inmitten einer Altar-ähnlichen Skulptur mit Plüschbuddhas ist ein Video von der Website der US-Armee zu sehen, in dem eine Yogastunde in einem Militärstützpunkt im Irak abgehalten wird.

Die Ausstellung thematisiert in narrativer und austarierter Weise gesellschaftliche Machtstrukturen und wie sich diese auf RezipientInnen und BenutzerInnen auswirken und oftmals aus wirtschaftlichen Beweggründen erfolgen, die ebenso zum Scheitern verurteilt sein mögen.

Mehr Texte von Walter Seidl

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Maryam Jafri - Wege zur Knechtschaft neu geteert
09.02 - 12.05.2019

Taxispalais Kunsthalle Tirol
6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Str. 45
Tel: +43 512 594 89 401
Email: info@taxispalais.at
http://www.taxispalais.art
Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: