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Das große Leiden

Na bumm: „Der Kunstmarkt ist undemokratisch.“ Das sagte Magnus Resch, PR-Talent und App-Erfinder, in der Kunstzeitschrift Monopol. Denn von 500.000 Künstlerinnen und Künstlern, die zu Beginn ihrer Karriere in „schwachen“ Institutionen ausgestellt hätten, seien nur 240 später in „starken“ präsentiert worden. Nicht die Kunst selbst zähle, sondern das Netzwerk eines Künstlers. Die Bild Zeitung war gar „verblüfft“ über derart neuartige Erkenntnisse. „Wenn ein Künstler früh Zugang zu einem bestimmten Netzwerk von Museen hat, wird er seine Bilder sehr wahrscheinlich in den großen Museen der Welt ausstellen können und dafür Millionen kassieren.“ Echt jetzt?

Die Studie, die auf den Daten aus Reschs mittelprächtig funktionaler „Magnus“-App beruht, wurde von fünf WissenschafterInnen unterschiedlicher Universitäten und Institute publiziert. Sie fand Eingang ins Wissenschaftsmagazin „Science“. In der Kurzfassung finden sich beeindruckende Formeln und eine ganze Menge an Grafiken. Die ForscherInnen teilten die Institutionen in Kategorien von A bis D ein. Wobei A für Museen wie das MoMA oder Guggenheim steht. Schon die Reina Sofia bekommt nur noch ein B. Und, man höre und staune: Jene, die schon am Anfang ihrer Karriere in A-Häusern ausstellen, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, auch Jahrzehnte später noch künstlerisch tätig zu sein! Weitere ungeahnte Erkenntnisse: „Those born in countries with better access to the art network have a higher chance of starting and ending their career at the top.“

Man könnte jetzt sagen: Gut, dann haben wir halt einmal mehr genau das mit imposantem Zahlenmaterial belegt, was wir in den vergangenen Jahrzehnten schon so oft gehört haben: Der Kunstmarkt wird beherrscht von wenigen, gestatten: Elite. Was aber echt stört, ist: Es scheint so, als wären alle anderen außerhalb dieses erlauchten Zirkels völlig unbedeutend. Schon die Wahl der Begriffe – „starke“ und „schwache“ Institutionen – ist suggestiv. Resch behauptet, 99,9 Prozent aller Galerien und Künstler litten. Das ist, sorry, einfach nur Quatsch.

Natürlich ist es ungerecht, dass sich die Marktmacht auf einige wenige Player konzentriert. Selbstverständlich kämpfen viele Kunstschaffende, wie auch die neue Studie im Auftrag des BKA belegt. Und natürlich überleben viele Galerien nur dank familiären Sponsorings. Nur sind das halt keine besonders neuartigen Entwicklungen. Und so zu tun, als gäbe es jenseits von Gagosian und MoMA bloß Armutschkerl, die am Hungertuch nagen: Das verzerrt die Angelegenheit doch ziemlich stark.

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Abbildung: Thomas Girst, Magnus Resch (Hg.): "100 Secrets of the Art World", Walther König, 114 Seiten, 10,00 Euro

Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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