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Familienaufstellung

Es ist dann doch eine gehörige Portion Skepsis, die da aus dem Blick der 13-jährigen spricht. Kein Mädchen mehr und dennoch lange Zöpfe, noch keine Frau, doch einen deutlichen Brustansatz, in den verschränkten Händen eine orange Kugel, nicht Apfel nicht Zitrusfrucht. Der Onkel hat es 1951 gemalt, heute ginge derlei gar nicht mehr. Richard Knaus (1889-1974), an der Düsseldorfer Akademie ausgebildeter Maler hat seine Nichte Sigrid mehrfach künstlerisch verewigt: die 11-järhige mit Sonnenhütchen, zwei Jahre später mit entblößter Brust, 1956 dann, die 18-Jährige als junge Frau, in nachdenklicher Pose vor rotem Hintergrund, von der 21-jährgen schließlich hat er dann eine Gipsmaske, die Lippen nachgerade keck gespitzt, abgenommen.

Sigrid Knaus heiratete dann 1966 Franz Wojda, gemeinsam baute man bis zu ihrem Tod 2011 eine bemerkenswerte Kunstsammlung auf. 2003 zeigte das Ehepaar Teile ihrer Kollektion in den Räumen von Sigrid Wojdas Elternhaus am St.Veiter Hauptplatz, 2012 war die Sammlung im Museum für moderne Kunst Kärnten zu betrachten. Diesen Sommer hat sich Franz Wojda, unterstützt von Edelbert Köb, eine Ausstellung aus den familiären Beständen zusammengestellt, die weniger kunst- als kulturhistorisch, soziologisch zu interessieren vermag. Das Thema: Familienportraits. Vom 1808 geborenen Kaufmann Johann Knaus bis zur 2015 geborenen Emma Wojda sind es nicht weniger als sechs Generationen an Bildnissen der Familie, die in vier Räumen zusammengeführt wurden. Sind es in den beiden ersten Generationen noch traditionelle Portraits von Eheleuten, die einen bürgerlichen Repräsentationsbedürfnis nachkamen und bislang keinem Künstler zugeordnet werden konnten, so treten mit der dritten Generation künstlerische Ambitionen zutage. Acht Kinder hatte Fritz Knaus, Familienoberhaupt der zweiten Generation, der sich als Sammler des Portraitisten August Prinzhofer sowie in diversen Funktionen des kulturellen, gesellschaftlichen Lebens in St.Veit verdient gemacht hatte mit seiner Frau Amalie. Unter ihnen der eingangs genannte Künstler Richard, Sigrids Vater Walther, der wie sein malender Bruder Kontakt zu Switbert Lobisser unterhielt, sowie der Gynäkologe Hermann, bekannt für die nach ihm benannten Knaus-Ogino Verhütungsmethode.

Nach dem ersten Raum, der anonymen Doppelportraits der Eltern und Großeltern gewidmet ist, konzentriert sich der mittlere Raum auf Arbeiten von Richard Knaus, die bis auf zwei beeindruckende Gemälde der Düsseldorfer Studienzeit allesamt Familienmitglieder darstellen und mit der Reihe von Darstellungen der jungen, noch unverheirateten Sigrid Knaus überleiten zum Raum, der drei Generationen der Familie Wojda ins Zentrum stellt. Neben einem gemalten Bildnis der beiden Kinder des Sammlerehepaares von Peter Pongratz und drei Bleistiftzeichnungen von Anton Watzl, kommt hier die Fotografie als das gegenwärtig vorherrschende Medium des Portraits zum tragen.

Repräsentativ, dass kein Auge trocken bleibt, erscheint “Commemorativ Portrait with an Albers Painting“ von Clegg & Guttmann. Ein Portraitfoto der Verstorbenen mit strahlend weißem Passepartout hebt sich vom Hintergrund ab, der Witwer sitzt zur Rechten schräg darunter, die für Gesamtheit ihrer sammlerischen Tätigkeit steht ein Gemälde von (Josef) A(lbers) bis (Heimo) Z(obernig), der mit einer kreuzförmigen Stele vertreten ist. Auch bei der überaus deutlichen Konzeption des Triptychon „Familie Wojda“ von Rita Nowak vermeint man den Impetus des Auftraggebers zu erkennen. Links vor dunklem Hintergrund die Tochter samt Familie, alle schwarz gekleidet, rechts die Familie des Sohnes vor hellem Hintergrund, sie sind weiss-beige gekleidet, in der Mitte der Sammler mit seinen Enkelkindern vor – man ahnt es – grauem Hintergrund, hinter dem zwei Exponate der Sammlung, eine Skulptur von Franz West und ein Gemälde von Helmut Federle hervor lugen.

Nicht nur Familienmitglieder, sondern auch „liebe Freunde und Bekannte“, so vernimmt man in der reich dokumentierten begleitenden Publikation, möchte die Ausstellung erreichen. Freilich kommen weitaus mehr Interessierte, vielfach auch aus dem Wiener Kunstbetrieb. Es trägt durchaus zur Belebung der etwas sommerlich-verschlafenen St.Veiter Innenstadt bei, womit die Tradition des kulturellen Engagements der Familie in der Gegenwart fortgesetzt wäre.

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Sechs Generationen Knaus-Wojda
Hauptplatz 11, 2. Stock Wojda, Eingang Kirchplatz
9300 St. Veit an der Glan
Öffentliche Besuchstage: jeweils Freitag, 16.00–19.00 Uhr
31. August 2018
7. | 14. | 21. | 28. September 2018
Finissage: Samstag, 6. Oktober 2018, 18.30 Uhr

Mehr Texte von Daniela Gregori

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