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Des haaßt Dahoam

Wer denkt sich eigentlich solche Programme aus? Am 30. Juni, einen Tag bevor die EU-Ratspräsidentschaft Österreichs startet, soll im Schladminger Planai-Stadion eine Hundert- oder vielleicht Tausendschaft von Hobbymusizierenden zusammenkommen: „Österreich sagt laut ‚Servus’“. So formuliert es eine Aussendung des Kulturministeriums in einer Einladung an alle, die mitmachen wollen und, wie es heißt, „die größte Band Europas“ bilden sollen. Den Oberimpresario gibt ein nicht besonders bekannter Musiker, der wahrscheinlich einfach zur rechten Zeit am rechten Ort war oder vielleicht irgendwen kennt. Neben den Herren von Opus hat man die Volksmusik-Band Die Seer engagiert. Deren Schlager „Des olls is Heimat“ ist scheint recht populär zu sein: „Überm See und überm Laund / liegt a Gfühl, des haaßt Dahoam“, heißt es darin. Und später gurren sie dann: „Ob i rear oder loch / is des da Bodn der mi trogt / in da Muttersproch“. Und übrigens, „unsere Mundart“, die ist „zum Niederknien schee“.

Lasst uns alle in die Berg’ gehen und miteinand’ singen und spielen! Man fühlt sich ein wenig in die Heimatfilme der Fünfziger zurückgebeamt. Erstaunlich nur, dass Andreas Gabalier, der die Werte der aktuellen Regierung so schön besingt, nicht angekündigt wurde. Aber vielleicht kommt er ja als Überraschungsgast.

Dieser Event läuft übrigens im Kulturprogramm der Ratsvorsitzes. Offensichtlich hat das alles mit diesem Identitätsdings zu tun, das gerade so beschworen wird und sich meistens um den auch touristisch hervorragend vermarktbaren Komplex Berge-Brauchtum-Wein dreht. Denn offensichtlich sind wir Österreicherinnen und Österreicher dermaßen unsicher und verloren in dieser Welt, dass ständig unsere „Identität gestärkt“ werden muss. Zumindest formuliert es der Kulturminister so, vor allem, wenn es um den ORF geht. Auch im Regierungsprogramm, Punkt „Kunst und Kultur“, ist vom „österreichischen Identitätsbewusstsein“ die Rede. Wenn diese prominente und sichtlich auch teure Veranstaltung mit ihrer Heimattümelei „österreichische Identität“ repräsentieren soll, dann gute Nacht. Weltoffenheit schaut anders aus.

Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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