Werbung
,

Julian Röder - Deal: Zur Kunst des gekauften Sehens

Art Basel 2017: Im gleißendem Licht hat Julian Röder verschiedene Messekojen, also Situationen die Ausstellungsformat, Kommunikationszentrum und vor allem Verkaufsdisplay zugleich sind, fotografiert. Elegant gekleidete Menschen sind da, im glasklaren Licht modellhaft überhöht, zu sehen, sitzend, stehend, gehend, redend, sehend und, selbstverständlich, spekulierend. Schließlich ist man ja auf einer Kunstmesse, einem Ort für „Reichenbespaßung“ mit kulturellem Anspruch und der Option auf finanzielle Transaktionen. Apropos „sehend“: Auf diesen großformatigen Fotos wird natürlich meist auf zum Verkauf bereitgestellte Kunstwerke geschaut, vor allem auf Malerei, also auf sogenannte „FlachWARE“. Aber beinahe genauso oft wird da auf den Fotos in den Laptop oder auf das Handy geblickt – visuelle Daten nämlich stehen hier im Zentrum des abgelichteten Geschehens, Daten, die Auskunft geben über den Wert von Kunst, ihrem angepeilten Verkaufs- und erhofftem Wiederverkaufswert.

Das Schlüsselwerk „o. T. (Basel) 3“, 2017 - 2018, der Ausstellung zeigt einen Kunsthändler, seine Seriosität betonend natürlich im schwarzen Anzug gekleidet, der einer Gruppe Sammler eine Fotoarbeit von Thomas Struth anpreist. Das Werk stammt aus Struths Zyklus der Museumsbilder, genauer: es handelt sich um dessen Foto aus dem Prado, auf dem Velasquez bekanntes Bild „Las Meninas“ und eine es betrachtende Menschengruppe zu sehen sind. Eben dieses Foto wurde bekanntlich von Michel Foucault in dessen Buch „Ordnung der Dinge“ interpretiert, um den Moment der „Repräsentation“ kritisch zu beleuchten. Julian Röder nun multipliziert gleichsam die Perspektive von Thomas Struth: Dessen fotografischer Blick auf Kunst anschauende Menschen wird von ihm noch einmal fotografiert, und zwar in dem Moment in dem Messebesucher es betrachten. Struths Bild von einem gesehenen Bild wird dadurch zu einem gesehenen Bild in einem ebenfalls gesehenen Bild. Denn auch Röders Bild wird klarerweise angeschaut, nämlich jetzt vom Besucher der Ausstellung „Deal“. So wird der Besucher in diesem, wenn man so will, Loop wiederum zum integralen Bestandteil des zu kaufenden Werkes - was letztlich eben auch heißt, dass der Betrachter und sein Blick hier in der Galerie selbst ein Stück weit zur Ware werden.

Diese neuen Kunstmessebilder von Julian Röder stehen übrigens konsequent in einer Reihe mit dessen Werkgruppe „Human Resources“ (2007 – 2009), die Verkaufsstände auf internationalen Handelsmessen vorstellt, und seiner Werkreihe „“World of Warfare“ (2011), die Messen der Kriegsindustrie ins kritische Visier nimmt. Die Kommodifizierung von menschlichen Betriebssystemen betrifft halt längst sämtliche Lebensbereiche, auch den der Bildenden Kunst.

Mehr Texte von Raimar Stange

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Julian Röder - Deal
28.04 - 09.06.2018

Galerie Russi Klenner
10969 Berlin, Luckauer Straße 16
Tel: +49 176 56782914
Email: mail@russiklenner.de
http://www.russiklenner.de/


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: