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Zwischen den Kriegen. Kunst in Oberösterreich 1918 - 1938: Die oberösterreichische Kunst der Zwischenkriegszeit

Zum 100-jährigen Gedenken an das Jahr 1918 widmen sich das Schlossmuseum und die Landesgalerie Linz dem historischen und kunstgeschichtlichen Part der Ausstellung „Zwischen den Kriegen“, die von Februar 2018 bis Jänner 2019 in vier oberösterreichischen Museen stattfindet.

Das Schlossmuseum präsentiert in seiner fünfräumigen Sonderausstellung hauptsächlich Zahlen und Fakten, die sich in dicht gefüllten Zeitstrahlen und Statistiken wiederfinden. Nach dem historischen Abriss über die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritte der Zeit erfährt man neben der politischen Entwicklung nach dem Fall der Monarchie auch über neu gegründete Betriebe, die oberösterreichische Industrie, das Gesundheitssystem, Beschäftigungsstrukturen u.v.m. Begleitend dazu gibt es authentische Gegenstände aus der Zeit: Das Spektrum reicht von Spielkarten, Alltagsgegenständen, Geldscheinen, Werbeplakaten, Wappen bis hin zu Schulbänken.

Die Landesgalerie Linz gibt im ersten Stock einen Einblick in die vorherrschenden Stilrichtungen der Malerei, Grafik und Fotografie. Diese Fokussierung ist auf die Sammlungstätigkeit des einst privaten und erst 1920 zum Oberösterreichischen Landesmuseum umgewidmeten Museums Francisco-Carolinum zurückzuführen. Als gutes Exempel für Österreich sammelte man vorrangig dezente, dem Spätimpressionismus zugeschriebene Moderne Kunst von Karl Hauk, Matthias May, Demeter Koko oder Fanny Neuwald. Auch Werke weiblicher Kunstschaffender um die Linzer Malschule von Matthias May wurden angekauft. Denn Künstlerinnen hatten sich bereits Ende des neunzehnten Jahrhunderts zu Vereinigungen zusammengeschlossen, durften aber erst nach Ende des Ersten Weltkriegs Kunst studieren. Einige waren Mitglieder des 1913 gegründeten Kunstvereins MAERZ, der parallel zum eher konservativ ausgerichteten Oberösterreichischen Kunstverein existierte und internationale und moderne Stilrichtungen zum Vorbild hatte. Andere wie Berta von Tarnóczy-Sprinzenberg oder Tina Kofler lehrten einst selbst an privaten Kunstschulen. Sowohl May als auch Tarnóczy-Sprinzenberg und ihre Schüler malten typische Genres: Darstellungen aus dem täglichen Leben, bürgerliche Porträts, Landschaften oder Stillleben im spätimpressionistischen Stil.

Erst der an der Bundesgewerbeschule lehrende Paul Ikrath brachte durch seinen 1921 gegründeten offenen Zeichensaal und den Ausbau der ebendort verankerten kunstgewerblichen Abteilung etwas Schwung in die verstaubte oberösterreichische Kunst. Er gilt als Vorreiter für die institutionelle Verankerung der Neuen Sachlichkeit in Oberösterreich.

Die in Deutschland entstandene und während der Zwischenkriegszeit maßgebende Stilrichtung fand im Sinne des Aufräumens nach dem Ersten Weltkrieg ihren Ausdruck in einfachen, klaren Bildkompositionen. Die Ablehnung der utopischen Avantgarde (Kubismus, Futurismus) äußerte sich sowohl in Frankreich als auch in Italien in einer Rückbesinnung auf traditionelle Kunstströmungen. In Frankreich nannte man es „retour à l’ordre“, in Italien „pittura metafisica“ – man denke an die illusionistischen, kühlen Stadtfluchten Giorgio de Chiricos, der ohne Zweifel auch auf die deutsche Neue Sachlichkeit einen starken Einfluss hatte.

Nun sparte man die durchaus in Österreich vorherrschenden Stilrichtungen der Zwischenkriegszeit - von Expressionismus (z.B. Anton Kolig) bis Konstruktivismus - in der Landesgalerie völlig aus. Dennoch ist zu betonen, dass Ende 1929 in Linz unter dem Titel „Neuromantik und neue Sachlichkeit in Oberösterreich“ überhaupt die erste museale Ausstellung der Neuen Sachlichkeit in Österreich stattfand. Die damalige Verkaufsschau mit Werken von Paul Ikrath, Herbert Ploberger und Franz Sedlacek ist auch heute noch anhand der Hauptbestände der Sammlung „Sitzendes Mädchen, 1928“ (Ikrath), „Bibliothek, 1926“ (Sedlacek) und „Stillleben mit Ananas, 1926“ (Ploberger) erkennbar. Aber auch die Ausstellungs- und Sammlungstätigkeit rund um die Neue Sachlichkeit beschränkte sich auf den konservativen Strang. Die politisch- und gesellschaftskritische als Verismus bezeichnete Strömung (z.B. George Grosz) spiegelt sich in der Sammlung lediglich in den Holzstichen Karl Rössings wider, der in seinen sozialkritischen Blättern auf die Zustände der Weimarer Republik einging (Serie „Mein Vorurteil gegen diese Zeit, 1932“).

Den an so mancher Stelle ersehnten Vergleich – sei es zu deutschen Vorbildern wie Christian Schad und Otto Dix oder den österreichischen Hauptvertretern Sergius Pauser und Rudolf Wacker – wird man in der Landesgalerie vergebens suchen. Die Kunstwerke stehen leider für sich isoliert, denn weder auf kulturhistorische noch auf politische oder gesellschaftliche Gegebenheiten wird Bezug genommen. Man tritt in eine Zeitblase: Und genauso geht es bei den Fotografien weiter. Auch hier sammelte man die lieblichen, piktoralen Stimmungsbilder, die Michael Neumüller oder Heinrich Bitzan mittels des für die damalige Zeit innovativen Weichzeichners herstellten. Im Übrigen wurden solche Techniken bereits im neunzehnten Jahrhundert in Frankreich unter Gustave Le Gray eingesetzt. Stolz ist man jedenfalls zurecht auf den Sammlungsbestand des renommierten Bauhaus-Studenten Herbert Bayer, der seine Karriere in der privaten Malschule von May begann und bereits damals mit surrealistisch anmutenden Fotomontagen experimentierte.

Alfred Kubins im gleichnamigen Kabinett zusammengefassten Zeichnungen setzen sich ohne Zweifel am intensivsten mit den menschlichen Problemen wie Angst, Armut, Grausamkeit, Qual und Tod auseinander, die das Kriegsende und die Aufbruchszeit mit sich brachten.

Alles in allem eine kultur- und kunsthistorisch essenzielle Zeitspanne, die eine genaue Ausarbeitung und Darstellung von Information benötigen würde, um sie besser an den Besucher zu bringen. Denn abgesehen vom Begleitheft zur Ausstellung, dessen Entziffern sich in den dunklen Räumlichkeiten durchaus als Herausforderung entpuppt, wird man mit der Materie allein gelassen. Schade, denn das Potenzial wäre vorhanden!

Mehr Texte von Désirée Hailzl

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Zwischen den Kriegen. Kunst in Oberösterreich 1918 - 1938
07.02 - 06.05.2018

Landesgalerie Linz
4010 Linz, Museumstrasse 14
Tel: +43 732 7720 52200, Fax: +43 732 7720 252199
Email: galerie@landesmuseum.at
http://www.landesgalerie.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-21 h


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