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Renate Bertlmann - #It´s You,Too: Feminine Aufrüstung

Die Galerie Steinek in der Wiener Eschenbachgasse beginnt das neue Jahr mit einem mutigen weiblichen Statement zur individuellen Freiheit.

Renate Bertlmann, Staatpreisträgerin für bildende Kunst des Jahres 2017, zeigt bei Silvia Steinek Fotografien, Abbildungen von inszenierten zwischenmenschlichen Arrangements und Videos aus den Jahren 2005 bis 2016.
Bertlmann, Jahrgang 1943, beschäftigt sich seit ihren Anfängen mit weiblicher Identität, Sexualität und Machtfragen zwischen den Geschlechtern.

In der letztjährigen Mumok-Ausstellung zur feministischen Avantgarde der 70er-Jahre vertreten, nimmt Bertlmann mit ihrer Kunst eine österreichische Position im internationalen Kontext ein. Während in den 70er-Jahren in ihren Arbeiten radikalere Objektfindungen, wie ein erigierter Penis in der Darstellung eines Reliquiars auftraten, sind die nun in der Galerie Steinek gezeigten Arbeiten auf den ersten Blick etwas milder.

Bertlmann bedient sich hier ihres tradierten, entwickelten Formenvokabulars wie eines Skalpells. In der Reihe „Fehdehandschuh“, von 2010, thematisiert sie eine weibliche Verteidigung gegen männliche Aggression und Ausbeutung. Da liegt ein weißer Handschuh auf einem möglichen Trottoir, rot eingekreist wie bei einer Tatortbegehung. Im Mittelfinger des Handschuhs steckt ein scharfes Skalpell. Der Titel der Arbeit lautet „Die Rache der Braut“. Ein weiterer mit Klingen versehener Handschuh ist bei der Arbeit „Cafe San Paulo“ zu finden. Hier sind alle Finger des schwarzen Handschuhs mit Skalpellen versehen. Eine Berührung der Handschuhträgerin und möglichen Tangotänzerin könnte mit dem Tod enden. Diese im Futur gedachte Verteidigung Bertlmanns ist auch in anderen Arbeiten zu sehen. So auch in einer Röntgenaufnahme in der Sie zwei Großbilddias überblendete. Sichtbar wird die Paraphrase eines weiblichen Beckens, das einer venezianischen Maske ähnelt. Im Beckenknochen steckt als Fortsatz ein Skalpell.
Inhaltlich bemerkenswert ist, dass die Frauen und Protagonistinnen gegen eine mögliche Aggression von Bertlmann schon im Vorfeld aufgerüstet wurden - sie sind gewappnet.

Weiters arbeitet die Künstlerin in ihrem gesamten Oeuvre gerne mit in der Medizin verwendeten Hilfsmitteln. Dazu zählen auch Latex und Schnuller. Aus Ersterem schuf sie zahlreiche Objekte. Aber auch die Wiederholung bestimmter Motive wie die Abbildung von Panther- und Wildkatzenfellen als Sinnbild des Animalischen, fließen in die jüngeren Arbeiten ein. So sind in der Ausstellung Digitalprints von Fadenkreuzen vor einem Pantherfellhintergrund zu sehen. Hin und wieder findet sich darin auch ein menschlicher Körperteil.

Der Mensch als ein anvisiertes, zu erlegendes Wesen wird hier thematisiert. Die Wildheit des Begehrens und die animalische Lust der Jagd jenseits unserer zivilisatorischen Schutzschicht zeigt Bertlmann mit diesen sehr lapidaren Drucken.

Beschließen kann man diese Ausstellung mit dem Blick auf einen kleinen Druck, der die Künstlerin in einen Pelzmantel gehüllt in ihrem Badezimmer zeigt. Der Mantel ist fast von der nackten Schulter gerutscht, ihr Gesicht ist überströmt mit aufgemalten Tränen und auf dem Kopf trägt sie ein Art Ballkrone oder falsches Diadem. Wir sehen die Persiflage eines Unglücks wobei wir nicht sicher wissen ob diese Traurigkeit nicht doch echt ist. Es scheint als wäre hier der bürgerliche Traum der Debütantin zusammengebrochen und die Protagonistin im Erwachsenenleben herb angekommen.

In dieser Ausstellung in der Galerie Steinek werden die leiseren und tieferen Töne des Bertlmann´schen Kosmos zum Klingen gebracht. Nachdem wir in den letzten Jahren erstaunt feststellen konnten, dass es einen noch relativ unbekannten österreichischen Beitrag zur feministischen Avantgarde der 70er-Jahre gab.

Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Renate Bertlmann - #It´s You,Too
17.01 - 01.03.2018

Galerie Steinek
1010 Wien, Eschenbachgasse 4
Tel: +431/512 87 59, Fax: +431/512 87 59
Email: galerie@steinek.at
http://www.galerie.steinek.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 13-18h
Sa: 11-15h


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